Mietenprotest-Gecekondu am Kottbusser Tor.

Gecekondu am Kotti

„Regeneration“ und Protest am Kottbusser Tor

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„Das kann nur von Deutschen gebaut worden sein, es ist so billig gebaut!“, war der Kommentar eines Vorübergehenden zum Gecekondu am Kottbusser Tor.
Gecekondu ist der türkische Ausdruck für primitive, sozusagen über Nacht errichtete Häuser am Rand einer Großstadt (von gece: Nacht). Das Gecekondu am Kottbusser Tor ist jedoch weder am Stadtrand noch über Nacht errichtet worden und auch nicht von Menschen, die ihr Glück in der Großstadt suchen. Schüler der Kreuzberger Jens-Nydahl-Schule und Mieter von Wohnungen der umliegenden Hochhäuser bauten es tagsüber als Aktion gegen ihre drohende Vertreibung aus dem Zentrum in die Randzonen Berlins.

Mietenprotest-Gecekondu am Kottbusser Tor. / Fotos: Detlef Krenz /
Mietenprotest-Gecekondu am Kottbusser Tor.

Mehr als ein Symbol

Die Gemeinsamkeit mit Hüttensiedlungen an der Peripherie türkischer Großstädte besteht im Mangel an bezahlbaren Wohnraum in der Innenstadt. Bedrohlich ist die Entwicklung am Berliner Wohnungsmarkt.
Beide Teile Berlins waren bis zur Maueröffnung von De­industrialisierungen und den Folgen transkontinentaler Grundstückspekulationen relativ verschont geblieben. Subventionen flossen in die „verlängerte Werkbank“ Westberlin und bevorzugt wurde auch die „Hauptstadt der DDR“ mit Investitionsmitteln versorgt. Seit 1990 ist die Stadt einer Entwicklung ausgesetzt, die in Westeuropa zur Verarmung großer Bevölkerungsteile und einer Umschichtung der Einwohnerstruktur in den Städten führt.

Mietenprotest-Gecekondu am Kottbusser Tor.
Organisiert gegen Mietsteigerungen

Nicht nur in Berlin wird eine Stadtpolitik gegen eine einseitige Verdichtung einkommensschwacher Einwohner betrieben. In der Mischung von besserverdienenden mit ärmeren Haushalten glaubt man, erweiterte Jobmöglichkeiten zu erreichen, etwa bei Dienstleistungen, die beiden Gruppen zugute kämen. Allerdings geht mit dieser „Vitalisierung“ auch eine Wertsteigerung von Grundbesitz einher, die in den letzten Jahren aus dem Ruder gelaufen ist.
Die Mitglieder vom Kotti & Co, jener Initiative, die das Gecekondu am Kottbusser Tor als Infopavillon betreibt, kämpfen seit Jahren gegen diese Form der „Wiederentdeckung alter Städte“. Sie äußert sich in massiven Mieterhöhungen und der Zerstörung jahrzehntelang gewachsener Nachbarschaften.

Information und Protest

Über Fachexpertisen kann Kotti & Co belegen, wie Immobilien­aktiengesellschaften über Privatisierungen ihr Aktien­vermögen erweitern, um am Kapitalmarkt spekulieren zu können. So gehören zum Portfolio der Wohnungsgesellschaft „Deutsche Wohnen“ 1.000 Wohnungen im Bereich des  Kottbusser Tores. Kotti & Co bietet auf Selbsthilfebasis eine Sozial- und Mietrechtsberatung, hier werden z.B. Widersprüche gegen die Betriebskostenabrechnungen eingelegt.
Zu den Erfolgen der Mietergemeinschaft Kotti & Co im Gecekondu gehört, das  die Wohnungsbaugesellschaft Hermes überhöhte Betriebskosten-Abrechnungen zurückzog. Damit wurden Inkassobescheide nichtig, die in diesem Zusammenhang an Mieter gestellt waren.
Das Gecekondu am Kottbusser Tor ist kein Multikulti-, sondern ein Mehrnationalitätenhaus. Ein Haus jener Menschen, die rund um das Kottbusser Tor leben und miteinander leben gelernt haben.

Fotos: Detlef Krenz

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