Zweckentfremdet
Björn Streck von der Coffeincentrale, ebenfalls in der Mainzer Straße beheimatet, weist vielsagend auf die eingerüsteten Häuser ein paar Hausnummern weiter. „Da bezahlste bei Fertigstellung das Doppelte. Du hast hier zum Teil Münchener oder Hamburger Verhältnisse. Aber deren zahlungskräftige Kundschaft fehlt hier.“ Nach einer Pause setzt er hinzu: „Zum Glück, die wollen wir ja auch gar nicht haben.“ Damit meint er jene Neuberliner, die in den Geschäften hier nicht einkaufen, sondern sich mit Immobilien ausstatten. Als Wertanlage im „billigen“ Berlin erworben, sollen diese der Alterssicherung dienen, nicht aber dem eigentlichen Zweck, dem Wohnen. Diese Verhältnisse schlagen auf die Situation der Gewerbetreibenden durch. Die noch vor einigen Jahren übliche Bevölkerungsdurchmischung ist kaum noch wahrzunehmen. Einfache Rentner scheinen ausgestorben zu sein. Auch die Laufkundschaft bleibt weg. Wer Party in der Nacht in der Simon-Dach-Straße feiert und am Morgen in der Ferienwohnung erwacht, benötigt allenfalls einen Kaffee, um zu überleben. Waren des täglichen Bedarfs finden keinen Gebrauch.