Nähen von der Pike auf gelernt
„Ganz einfach“, erklärt mein Gegenüber, mit einem offenen Lächeln. „Ich habe den Beruf des Segelmachers gelernt.“ Wer mit Segelsport nichts im Sinn hat, fragt erst einmal nach. „Wie der Name sagt, das sind Leute, die Segel herstellen.“ Ein seltener Beruf? „Jedes Jahr werden dreißig Segelmacher ausgebildet. Es gibt nur eine Berufsschule in Deutschland. Man kennt sich.“ Allerdings stuft die Handwerkskammer diesen Beruf als Sattler oder Bootssattler ein. Versicherungen haben keine Schlüsselnummer für ihn. „Ich bin da schon mal als Tischler eingestuft worden“, sagt er belustigt.
Aus der Not eine Tugend gemacht
Das Taschennähen war die Konsequenz aus einer frühen Einsicht: „Das waren zwei Sachen: man bekam wenig Lehrgeld und am Ende jedes Werktags wurden viele Reste aus gutem Material weggeworfen.“ Was lag näher, als diese Reste zu Taschen zu verarbeiten und zu verkaufen? „Alle Azubis machen das, um sich das Lehrgeld aufzubessern. Aber niemand klebt ein Label drauf.“ Herkunftsbedingt lag seine Berufswahl auf der Hand: Aufgewachsen ist er an der Ostseeküste in Oldenburg in Holstein zwischen Fehmarn und Lübeck. „Seit ich vier Jahre alt bin, bin ich auf Schiffen unterwegs.“ Allerdings gab es Versuche in andere Richtungen: Studium der neueren Geschichte und ein Intermezzo im Veranstaltungsbereich. Eine Freundin gab ihm den Tipp, dass in einer Segelmacherei in Heiligenhafen ein Ausbildungsplatz frei sei. Bevor es daran geht, richtig große Segel zu nähen, bekommen Auszubildende kleinere Aufgaben: „Eine Hülle für den Kompass oder ein Überzug für das Steuerrad. Im Grunde sind das ja schon Taschen.“
Der Beruf des Segelmachers wird schlecht bezahlt. Ein Hohn, wenn man daran denkt, dass die meisten Kunden sehr wohlhabend sind. Dazu kommt, dass sich die Typisierung der Boote immer mehr durchsetzt, weshalb man immer mehr Segel für die Stange macht. „Manche sind dazu übergegangen, die Produktion nach Sri Lanka auszulagern.“