Ein Stachel steckt in Kreuzberg.
Vor kurzem eröffnete das umstrittene Hotel Orania.Berlin am wohl schönsten Platz Kreuzbergs. Ein Dorn im Auge vieler Anwohner. Farbbeutel verdunkelten schon mal die großen Fenster, die die Gäste von der Stadt trennen. Es wird regelmäßig gefeiert auf diesem Platz und noch regelmäßiger demonstriert, am 1. Mai hat es oft geknallt, aber das war früher. Am späten Nachmittag haben hier die türkischen Großmütter ihre Bänke, die Kinder den Brunnen, Touristenstudenten den Rasen, die Trinker ihre Ecke und alle Raum. Drinnen sitzen gut Betuchte aus der ganzen Welt, angezogen vom Ruf des Kreativen.
Dietmar Müller-Elmau kaufte das ehemalige Kaufhaus Brenninkmeyer 2011 und baute es zu einem Nobelhotel aus. Ein Haus mit langer Kreuzberger Geschichte. 1912 von den Architekten Cremer und Wolffenstein erbaut, stand es lange im Dienst der Allgemeine Textil-Fabrikations und Handels AG Clemens & August Brenninkmeyer, besser bekannt als C&A. Bis 1956 sollte diese Ära dauern. Danach war es unter anderem Discount sowie Heimstätte der Kultdisco „Trash“. Nun ist es ein Sterne-Hotel mit gehobener Küche. Ist dies ein weiterer Markstein der Gentrifizierung? Die meisten Anwohner und Geschäftsinhaber, denen erst vor kurzem die Mieten drastisch angehoben worden sind, sehen es so und fürchten langfristige Folgen. Plakate und Bekennerschreiben künden vom Widerstand. Darin werden Überlegungen angestellt, wie sie den „Investor aus dem Kiez jagen können“. Waren es in den letzten Monaten nur bunte Farbe, mit denen manche Gentrifizierungskritiker es versuchten, so greifen Manche nun zu Pflastersteinen. Ein Ausdruck der Ohnmacht. Rollen doch schon seit Jahren die Rollkofferkarawanen der Airbnb-Besucher durch Kreuzberg in dortige Ferienwohnungen.
Die Tourismuspolitik in Kreuzberg hat nun ein personifiziertes Feindbild bekommen.