Die sterbende Gesellschaft und die Anarchie von Jean Grave, Fre Commune Press

Nimmer lässig, nimmer zaghaft!

Das Blatt
Der Sozialist war das meistgelesene Organ von Anarchisten und der politischen Polizei / Quelle: Privatarchiv /

Kamerun-Laube

Oft ging Adolf Schewe „Zum Amboss“ in der Breslauer Straße (heute: Am Ostbahnhof). Dies war das Vereinslokal der „Metallarbeiter des Ostens“, einer syndikalistischen Gewerkschaft. In Abgrenzung zu seinen sozialdemokratischen Kollegen, den „Zentralisten“, sah sich Schewe als „Lokalist“. In deren Broschüre „Gerechtigkeit in der Anarchie“ las er: „Wahre Revolutionäre dürfen sich vor Worten nicht fürchten.“ Schewe begegnete Wilhelm Werner. Der druckte das Blatt „Der Sozialist“. „Freiheit von der Religion“ wurde hier gefordert und es hieß, dass Arbeiter „das Recht hätten, sich selbst einen Feiertag zu bestimmen“. Auch vom Ideal der Herrschaftslosigkeit war die Rede, „der Einzelne soll sein eigener Herr sein“ und es hieß, dass „die Waffengewalt der letzte Rettungsanker des Staates ist, auf den sich die herrschenden Klassen stützen können.“ Obwohl Tyrannenmord nicht zu ihren Zielen gehörte, wurde den „Lokalisten“ zwischen 1844 und 1883 zugeschrieben, siebenmal auf Könige geschossen und am 28. September 1883 sogar versucht zu haben, den Kaiser per Bombe ins Jenseits zu schicken. Unbeeindruckt von stiller Bewachung gehörten seit 1892 der Schlesische Bahnhof (heute Ostbahnhof) und die „Kamerun-Laube“, in einer Laubenstadt vor dem Landsberger Tor (ehemaliges Schlachthofgelände) zu den Treffpunkten der  Berliner Anarchisten. Letztere war an einem gehissten roten Unterrock zu erkennen und damit Ziel von Polizeiaktionen. „Freund Kammin!“ war ein Codewort derer aus der Kamerun-Laube. Ein Theodor Machner wurde als Spitzel angeworben, doch ging dieser an die Öffentlichkeit und behauptete, dass Zeitungen wie „Die Rache“, oder „Der Einbrecher“ die Anarchisten im Auftrag der Polizei zu wilden Taten anstacheln sollten. Adolf Schewe fiel darauf hinein. Mit Einbruchswerkzeug und Pistole ging er als „Expropriateur“ (deutsch Enteigner) auf Einbrechertouren, um den Reichen zu nehmen, was den Armen gehörte. Dafür kam er 12 Jahre ins Zuchthaus.

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