Britta Schmidt, Foto: Anne Winkler

„Man geht darin auf.“

Defekte Felge, Foto: Anne Winkler
Ein Demonstrationsobjekt für Unwillige, die an Bremsbelägen sparen wollen: Die Halterung der abgeschliffenen Bremsbacken schlitzte bei einer Vollbremsung die Felge auf. Ein schwerer Unfall war die Folge. / Foto: Anne Winkler /

Reparieren statt Austauschen

Aber was heißt ‚noch‘? „Mir kommt es darauf an, die Fahrräder zu reparieren und nicht einfach Teile auszutauschen, um Geld zu verdienen.“ Sie empfindet es als unangenehm, wie schamlos manche Fahrradreparaturläden die Unwissenheit der Kunden ausnutzten, um Kasse zu machen.
Viele Frauen wenden sich an Britta Schmidt, besonders, wenn sie die Erfahrung gemacht haben, von Männern regelrecht abgezockt worden zu sein. „Zum Beispiel nutzen sich Hinterreifen schneller ab als Vorderreifen. Die muss man nicht immer gleich paarweise austauschen.“ Was noch ein Vierteljahr halten kann, bleibt dann eben dran. „Ich erkläre dann, wie ein sicheres Reifenprofil aussehen muss.“
Manchmal, bei kniffligen Sachen, packt sie der Ehrgeiz. „Dann denke ich: ‚Das muss doch hinzukriegen sein!‘“, selbst wenn es sich finanziell nicht lohnt. Manche Kollegen wundern sich, wenn sie erzählt, was sie alles repariert. Da hätten schon längst ausgetauscht. „Nur weil Ihr das nicht gleich hinbekommt?’, fragt sie dann. „Aber das macht doch den Reiz des Berufs aus!“ Ich erinnere mich, dass ich vor Jahren einmal die Ladenbesitzerin darum bat, mir eine gefederte Sattelstange einzubauen, wovon sie mir mit dem Satz: „Da gibt’s zu viele Reklamationen“ abriet. „Richtig!“, erinnert sie sich, „dann lieber einen guten gefederten Sattel!“ Leider, so wendet sie ein, wird das Material immer schlechter. Auch Markenproduzenten liefen immer weniger Qualitätsvolles. „Was ich nicht empfehlen kann, das verkaufe ich auch nicht!“

Arbeit und Ausgleich

Ich frage, ob sie auch dieses Gefühl kennt, dass man bei der Reparatur eines Gegenstands in einen meditativen Zustand fallen kann. „Ja“, stimmt sie zu, „man geht darin auf, vergisst die Umwelt, verspürt keine Norm, keinen Stress. Man ist ganz bei sich.“ Dass man bei der Arbeit Freude hat, ist ihr sehr wichtig. „Ich will nicht für jede Kleinigkeit Geld nehmen“, sagt die Ladeninhaberin. „Man muss doch abends noch in den Spiegel sehen können.“ Wie es scheint, hat sie die richtige Balance zwischen Arbeiten und Leben gefunden. Ihr Geschäft gehört zu den ganz wenigen, die am Wochenende und mittags geschlossen sind. „Die neuen Schläuche dünsten aus. Dann muss ich an die frische Luft. Außerdem muss ich was essen. Anders könnte ich den Stress von Früh bis Mittag und dann wieder bis 18:00 Uhr gar nicht bewältigen. Im Dezember nehme ich dann vier Wochen Auszeit“ – womit sie Urlaub meint. Dafür bietet sie aber auch einen Service von Tag zu Tag. „Für mache Leute ist es ein Horror, mit den Öffentlichen zu fahren.“ Obwohl immer mehr Berliner auch im Winter lieber das Fahrrad nehmen, ist die Reparaturwerkstatt eher ein Sommergeschäft. „Wie eine Eisdiele“, kommentiert die Mechanikerin knapp. Ich muss über diesen Vergleich schmunzeln.

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