Der Turm der Pfingstkirche am Petersburger Platz wird saniert.
Von Ulrich Tempel.
Seit Spätsommer 2015 ist der Turm der Pfingstkirche am Petersburger Platz eingerüstet. Die schöne Backsteinfassade muss saniert und weitere Schäden beseitiget werden. Über 30 Jahre liegen die letzten größeren Arbeiten am Turm zurück. Damals gab es sogar Stimmen, den Turm abzutragen.
Ende des 19. Jahrhunderts war die Gemeinde der Auferstehungskirche in der Friedenstraße, die es selbst erst seit ein paar Jahren gab, so stark angewachsen, dass die Kirchenleitung entschied, ein Grundstück für einen Neubau zu erwerben. Das geschah 1899. Die Wahl fiel auf einen Baugrund am Petersburger Platz – in der Sichtachse der Matternstraße. Steht man heute am westlichen Ende der Matternstraße, auf Höhe der Ebertystraße und blickt zum Petersburger Platz, hat man einen eindrucksvollen Anblick.
Zügig sollte es gehen mit dem Kirchenbau, doch gab es Hindernisse. Erst im Juni 1906 wurde der Grundstein für die Kirche gelegt. Ein Vierteljahr später entstand die neue Gemeinde, die „Evangelische Pfingstkirchengemeinde zu Berlin“. Warum der Name? Die Gemeinde war eine „Tochter“ der Auferstehungsgemeinde – und bei der Namenssuche kam man darauf, dass Pfingsten nach Ostern das nächste große Fest im Kirchenjahr ist und der Name damit einen Zusammenhang zur Muttergemeinde herstellt.
Ein bekannter Kirchenbauer
Gustav Werner (1859–1917) und Jürgen Kröger (1856–1928) waren die Architekten der Kirche, letzterer gilt als einer der bekanntesten Kirchenarchitekten seiner Zeit, errichtete Kirchen in ganz Deutschland; in Berlin zum Beispiel in Schöneberg, Friedrichshagen und noch eine weitere Kirche in Friedrichshain. Praktisch zur gleichen Zeit baute er auch die Zwingli-Kirche am Rudolfplatz.
Für den Bau der Pfingstkirche stand ein langgestrecktes Grundstück in Ost-West-Richtung zur Verfügung. Die Architekten entschieden sich für eine Mittelform zwischen Zentral- und Langbau – überspannt von einem Netzgewölbe. Emporen gibt es auf der Ost- und Nordseite, im Süden aber nur ein fensterloses, sehr niedriges Seitenschiff, Raum für mehr Sitzplätze. Der Chorraum wurde im Krieg zerstört, sodass seitdem eine Wand den östlichen Abschluss der Kirche bildet. Insgesamt ist es nach wie vor ein eindrucksvoller, „weiter Raum“, wie ihn der Heimatforscher Jan Feustel genannt hat.
Die Fassade ein Schmuckstück
Steht man vor der Kirche auf dem Petersburger Platz, fällt sofort auf, dass die Straßenfassade des Gebäudeensembles breiter ist als die Kirche selbst. Rechts und links wurden Wohn- und Versammlungsräume in mehreren Etagen als Übergang zur umliegenden Bebauung eingefügt. Der Blick wird eingenommen von der dreiteiligen Kirchenfassade und vom Turm. Es lohnt sich, diesen Anblick einmal in Ruhe auf sich wirken zu lassen.
Beginnen wir mit der dreiteiligen Portalhalle. Über zwei vielleicht etwas gedrungenen Säulen, deren Kapitelle Engel und Blattornamente tragen, erheben sich drei Arkadenbögen. Der Übergang zur darüber folgenden Dreifenstergruppe besteht aus einem Band aus farbigen Steinen. Nun folgen drei Maßwerkfenster, die viel natürliches Licht in die Kirche lassen. Ein filigran wirkendes, textil anmutendes Dekor läuft über den drei großen Kirchenfenstern in einem Kielbogen zusammen. Ein Kielbogen ist ein architektonisches Gestaltungselement, das wie ein auf den Kopf gestellter Schiffkiel aussieht. Den Abschluss der Fassade bildet schließlich ein Staffelgiebel, der an märkische Bauten der Spätgotik erinnert und hier leider nur noch unvollständig erhalten ist.
Am 70 Meter hohen Turm taucht das zentrale Element der Fassade wieder auf: Die beiden Geschosse für Glocken und die Uhr, die von vier Ecktürmen eingefasst sind, laufen in Giebeln aus, ebenfalls in Form von Kielbögen. Turm und Kirchenfassade sind durch dieses Architekturelement fest verbunden.
Den Zweiten Weltkrieg überstand der Turm, was für die Anwohner ein ermutigendes Zeichen war. Doch spätestens in den 1970er Jahren wurde klar, dass die Statik des Turms insgesamt bedroht war. Die Erschütterungen des Krieges und die jahrzehntelange Wärme- und Frosteinwirkung hatten ihm stark zugesetzt. Doch bevor es zu grundlegenden Sanierungsmaßnahmen kam, schlug 1977 auch noch der Blitz in die Kirchenspitze ein. Ein damaliger Pfarrer schaffte es, dass binnen Jahresfrist die Schäden durch Bergsteiger wieder repariert wurden. Doch löste dies nicht die Probleme am Turm selbst. Einigen in der Gemeinde schien es, dass ein Abtragen des Turms die einfachste Lösung sei, doch konnten sie sich nicht durchsetzen. 1981/82 wurde der Turm durch ein Gerüst gesichert und dann – einem Gutachten eines erfahrenen Bausachverständigen folgend – eine sogenannte Umschnürungsstahlkonstruktion eingefügt. Der Turm erhielt also eine Art eisernes Korsett. Dieses lässt sich, wenn man genau hinschaut, ungefähr auf Höhe der Glockenebene gut erkennen, obgleich es die Gesamtwirkung des Turms keineswegs beeinträchtigt. Wer das prüfen möchte, muss sich jedoch noch gedulden, da der Turm aktuell eingerüstet ist.
Die Gottesdienste finden in der warmen Jahreszeit in der Kirche und sonst im Saal des Ende der 1920er Jahre errichteten Gemeindehauses statt, das seit einiger Zeit von der Evangelischen Schule Berlin-Friedrichshain genutzt wird. Ein Gemeinderaum befindet sich zudem im abgetrennten unteren Bereich des nördlichen Seitenschiffs unter der Empore.
Helferinnen und Helfer gesucht
Auf der Homepage der Gemeinde (unter Geschichte der Pfingstgemeinde) gibt es seit kurzem einen Bereich, in dem jeden Monat ein kurzer Beitrag zur Geschichte der Pfingstkirche und zum Viertel um den Petersburger Platz erscheint.
Es ist zu hoffen, dass im Sommer die Gerüste den Turm wieder freigeben, damit dieser wieder in neuem Glanz erstrahlt. Helfen Sie uns, den Turm zu sanieren und spenden Sie. Spendenquittungen stellen wir gern aus. Bitte teilen Sie uns dafür Ihre Adresse mit.
Besuchen Sie uns am Petersburger Platz oder im Internet.
pfingstkirche-berlin.de
Wie Sie uns mit einer Spende unterstützen können, finden Sie auf unserer Homepage unter dem Menüpunkt Gemeinde.