Keine leichte Zeit
Der Neustart war nicht einfach. Sie arbeitete in unterschiedlichen Berufen, als Friseurin, als Fleischerin, selten wurde sie als Sängerin gebucht. Sie lebte in einem Wohnheim, ihre 15-jährige Tochter hatte Schwierigkeiten, in der Schule drei Fremdsprachen auf einmal zu lernen: Deutsch, Englisch und Französisch. Aber über die Jahre ging es vorwärts. Mit der extremen Ausländerfeindlichkeit in den 1990er Jahren sei sie zum Glück nie persönlich konfrontiert gewesen.
Allmählich baute sie sich ihr Netzwerk auf. Vor fünf Jahren hat sie angefangen als Journalistin zu arbeiten, später gründete sie ihre Netzzeitung viet-bao.de für die vietnamesische Community. Themen sind vor allem Ereignisse, die sie selbst betreffen: Veranstaltungen, Geschäftseröffnungen, Messen aber auch Beratung in Lebens- und Rechtsfragen. Dürfen Migranten mit vorläufigem Aufenthaltsstatus Urlaub beanspruchen? Was muss man tun, damit die hier aufwachsenden und integrierten Kinder mit ihrem Eintritt der Volljährigkeit nicht plötzlich abgeschoben werden? Solche Fragen kennen wir, die hier geboren wurden, gar nicht. Die Resonanz auf die Zeitung ist sehr gut. Erst am Vorabend hatte sie neue Bilder von einer Veranstaltung in Dresden ins Netzt gestellt, innerhalb eines Tages wurde die Seite von 700 Besuchern aufgerufen.
Wie viele Vietnamesen in Berlin leben, darüber gibt es uneinheitliche Zahlen. Manche sprechen von 20.000, andere von 14.000. Etwa die Hälfte von ihnen lebt in Marzahn und Lichtenberg. Quynh ist als Friedrichshainerin ein Ausnahme.
Ich frage, ob es noch so sei, dass sich die Menschen aus Nord- und Südvietnam mit Misstrauen begegnen? „Es ist eher ein politischer Streit“ antwortet der Übersetzer anstelle von Quynh Nga, die ein paar Handyfotos macht. „Es geht eher darum, wer noch Kommunist ist und wer nicht.“