Alles änderte sich
DDR-Arbeitsbiografien begannen auch beim Theater üblicherweise mit einer Festanstellung. Man war versorgt, hatte sein Pöstchen und konnte nun daran gehen, in aller Gemütlichkeit die Karriereleiter hinaufzuklettern. Das Weimarer Nationaltheater genoss nicht nur in der DDR hohe Reputation, weshalb sich für die junge Regisseurin beste Voraussetzungen boten. Dass alles anders kam, hängt mit zwei Faktoren zusammen. Christina war viel zu neugierig und umtriebig, als sich einzurichten und auf die Rente vorzubereiten und die äußeren Bedingungen änderten sich schlagartig: 1989 wurde das SED-Regime gestürzt. Innerhalb eines Jahres kam die DDR mit all ihren Versorgungseinrichtungen abhanden. Betriebe wurden stillgelegt, Arbeitsplätze in großem Stil abgebaut. Kein Lebensbereich der Ostdeutschen, der sich nicht änderte. Für Menschen, die auf eine überschaubare und stabile Lebensentwicklung vertrauten, wurde es sehr schwierig. Andere, denen die Entwicklungsmöglichkeiten in der DDR zu eng waren, sahen Chancen. Alles schien jetzt möglich zu sein, auch für Christina.
Intendanten von Theaterhäusern in Städten der alten Bundesrepublik suchten nach jungen DDR-Regisseuren, um den Theaterinteressierten im Westen die aktuellen Veränderungen näher zu bringen. Christina nahm ein Engagement am Schauspielhaus Bochum an. Geprobt wurde Heiner Müllers Interpretation von „Zement“, ein Stück von Fjoder Gladkow, das sich mit dem Scheitern der sozialistischen Utopie auseinandersetzt. Die idealisierte Gesellschaft zerbricht an schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen, unrealistischen Vorstellungen von einer besseren Welt und an Engstirnigkeiten kleiner Funktionäre.
Schnell bemerkte Christina, dass die Menschen im Westen ohne Erfahrung mit Zensur und andeutenden Verlautbarungen den Subtext zwischen den Zeilen anders lesen, als die Zuschauer im Osten, ja oft gar nicht zu bemerken scheinen. Ihnen lag an solider Schauspielkunst. Zudem hatte sie das Gefühl, dass Kulturfunktionäre im Westen den Mauerfall nicht verarbeitet haben und an Vorstellungen über die DDR festhielten, die wenig mit der Realität zu tun hatten.
Ich bin mit Christina Emig-Könning kurze Zeit in derselben Schulklasse der POS (Polytechnische Oberschule der Ex-DDR) gewesen und wir waren befreundet und ihre Leidenschaft für die Schauspielerei begann schon als junges Mädchen.Ihre Mutter,unsere Deutsch-und Literaturlehrerin, hat diesen Wunsch sehr gefördert. Und so übten wir knapp 14-jährig die Rolle des Gretchen aus dem Faust in Christinas kleinem Kinderzimmer in dem Hause ihrer Eltern.Leider trennten sich unsere Wege bald und wir verloren uns.Ich lebte lange Zeit in den alten Bundesländern und Christina machte ihren Mädchentraum wahr und wurde sogar eine aussergewöhnliche progressive Regisseurin.Ich dachte oft an sie und fand sie nun auf Facebook wieder.Sie hat meine Bewunderung und Hochachtung und ich hoffe,dass wir uns nun bald wiedersehen werden…