Neue Gotteshäuser an den Rändern der preußischen Metropole
Anders als überkommene Geschichtsmythen glauben machen, bestand die enorm steigende Einwohnerzahl Berlins in den ersten Jahrzehnten der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert nicht nur aus revolutionswütigen Arbeitern, die Gott entsagt hatten. Im Gegenteil. Die Kirchen Berlins platzten aus allen Nähten. Von der Georgenkirchgemeinde am Alexanderplatz trennten sich gleich drei neue Gemeinden mit Kirchenneubauten ab. Fast zeitgleich wuchsen am östlichen Rand Berlins die Andreaskirche am Stralauer Platz und die Bartholomäuskirche am Königstor empor, während auf dem Gelände des alten Georgenkirchfriedhofs an der Weberstraße 54/55 in der Nähe des heutigen Strausberger Platzes die Markus-Kirche entstand.
König Friedrich Wilhelm IV. ließ den Entwurf des Baumeisters Gotthilf Ludwig Runge durch Stüler überarbeiten. Am 18. Oktober 1848 – in Berlin herrschte Belagerungszustand – wurde anlässlich des Geburtstags des Königs die feierliche Grundsteinlegung begangen. Drei Wochen später erhielt Preußen seine erste Verfassung, doch eine andere, als die Revolutionäre erhofft hatten. Besser als gar keine Verfassung – sagten Genügsamere.
Schon ein Jahr später, im Dezember 1849 wurde das Dach der Kirche gedeckt. Der Innenraum hatte eine damals sagenhafte Höhe von 48 Metern. Doch die Fertigstellung brauchte noch bis ins Jahr 1855, weil das Geld ausgegangen war. Es entstand ein achteckiger neoromanischer Backsteinbau in byzantinischem Stil, dem auf Wunsch der Gemeinde ein 60 Meter hoher, sich an die Form des Florentiner Doms anlehnender Glockenturm beigefügt wurde. Durch das Tor in diesen Turm betrat man das Gotteshaus. Ganze 134.000 Taler kostete der Bau insgesamt, wovon die Stadt 69.000 Taler bestritt. „Nicht als Monumentalbau einer Residenzstadt hergestellt“, maulte ein halbes Jahrhundert später ein städtischer Publizist, doch immerhin ist das Bauwerk anders als gegenwärtige wirklich auch vollendet worden! Das Gebäude fasste ganze 1.800 Besucher. Die Malereien und der Altar aus Alabaster wurden in Reiseführern angepriesen, ebenso die gute Akustik.