Die Obst- und Gemüsehändler Şükran und Mohamed Asfari vom Platz der Vereinten Nationen.
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Wer kennt es nicht? Man steht in der Kaufhalle, möchte Obst und Gemüse mitnehmen, und findet nichts Richtiges, obwohl dem Namen nach alles da ist: Beeren, Pfirsiche, Trauben, Äpfel, Birnen, sogar mehrere Sorten Tomaten. Doch man sieht auf den ersten Blick, dass das Meiste sauer, hart, fade und trocken ist. Essen die Einkäufer für die Supermärkte so was? Sommersüßes Obst, wie bei den Großeltern im Garten, Früchte, die nur wenige Tage nach der Ernte halten, wie Rote Stachelbeeren, Klaräpfel oder Zuckerschoten, scheinen genauso unwiederbringlich verschwunden zu sein, wie die unbeschwerten Kindheitstage, in denen man dies alles genießen konnte.
Alles eine Frage des Engagements
Dabei gibt es das alles in Berlin – eigentlich. Man muss nur rechtzeitig auf dem Großmarkt sein. Genau dann, und zwar um drei Uhr morgens, sind Şükran und Mohamed Asfari dort. Fünf mal in der Woche suchen sie auf dem Gemüsegroßmarkt am Westhafen frische Ware für ihren Stand vor der Kaufhalle am Platz der Vereinten Nationen aus. „Wir probieren alles, bevor wir es kaufen“, sagt Mohamed. „Was uns nicht schmeckt, kaufen wir gar nicht erst.“ Daher bietet der Stand auch einen sehr schönen Anblick. Doch das eigentlich Besondere an diesem Geschäft sind weniger die Auslagen und die herrlichen Früchte, sondern die beiden Inhaber, Şükran und Mohamed, beides offene, freundliche Menschen im besten Alter mit zwei Töchtern im Erwachsenenalter. „Drei Enkel!“ kommentiert Mohamed stolz.
Ein Kunde fragt nach einer Avocado. „Gern. Zum Mitnehmen?“ erwidert Mohamed, worauf der Kunde erst einmal stutzt. Es ist ein Spaß, den Mohamed noch einmal zu wenden versteht: „Wir haben auch Salz und Pfeffer hier. Dann können Sie gleich probieren.“ Auf solche Weise gelingt es beiden, mit ihren Kunden ins Gespräch zu kommen. Für alles Obst und Gemüse haben sie Zubereitungsrezepte und Ernährungstipps parat. Was an einer Frucht, die sie anbieten, besonders gut ist, Şükran und Mohamed wissen es. Ein alter Mann erkundigt sich nach einem Rezept für Rhabarber-Erdbeer-Marmelade. Er bekommt es, doch Şükran macht bedauernd darauf aufmerksam, dass die Rhabarber-Zeit vorbei ist. Ich will wissen, warum die bei ihnen gekauften Mispeln süßer waren, als die, die ich zwei Wochen zuvor in Sizilien gekauft habe. Es gibt unterschiedliche Sorten. So einfach ist es.
Was der Bauer nicht kennt?
Wie kommt es, dass viele Obststände im Osten der Stadt über ein weitaus geringeres Angebot verfügen als zum Beispiel in Kreuzberg? Viele kennen die exotischen Früchte nicht, so die Antwort. „Wir haben die Aubergine hierhergeholt“, erklärt Mohamed stolz und erläutert, dass diese Frucht früher bei ihren Kunden unbekannt war. „Es gibt hundert Rezepte für die Aubergine“, stimmt Şükran zu. Inzwischen kaufen viele Leute diese Frucht: jüngere Leute, die in der Welt unterwegs sind, Menschen, die aus dem Ausland hierher zogen und auch Ältere, die sie im Urlaub kennengelernt haben und sie nun auch zu Hause probieren wollen. Wenn man Mohamed längere Zeit erzählen lässt, dann erklärt er die Aubergine irgendwann als eine alte, mit einem dunklen Kaftan und grünen Hut bekleidete Dame. Doch das passiert selten, denn vorher kommen garantiert Kunden, die ihn unterbrechen, weil sie bedient werden wollen. Ein älterer Mann tritt heran und bittet um vier Pfirsiche. Einen davon isst er sofort. „’Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht!’ – so etwas gibt es bei uns nicht“, erklärt Şükran. „Wir haben zum Gemüse nicht nur Rezepte, sondern bieten auch die Kräuter an, die man für ihre Zubereitung braucht. Die langen Türkischen Bohnen zum Beispiel, die kannte man früher hier auch nicht.“
Den Beruf durch das Leben gelernt
Zum Beruf des Obst- und Gemüseverkäufers sind beide über Umwege gelangt. „Selbständigkeit kenne ich von zu Hause her. Mein Vater war auch selbständig. Er leitete ein Restaurant“, erzählt er. „Ich bin 1978 aus Syrien nach Deutschland gekommen. In den 1980er Jahren habe ich auch schon einmal Obst verkauft, in Moabit.“ Dann kam eine Zeit der Fabrikarbeit als Maschinenführer in einer Kabelfabrik. Dort hat er Şükran kennengelernt, die als Vorarbeiterin und Schichtmeisterin beschäftigt war. „Ich bin 1970 als kleines Mädchen nach Berlin gekommen, bin hier aufgewachsen und habe eine kaufmännische Fachschule absolviert.“
Als 1989 die Mauer fiel, entschlossen sich die beiden sofort, im Ostteil der Stadt ein Geschäft zu eröffnen. In der Nähe des heutigen Mauerparks, an der Stelle, wo heute die Max-Schmeling-Halle steht, war ein Markt, auf dem die Asfaris italienische Spezialitäten anboten. Das war nicht selbstverständlich. „Manche unserer Freunde haben uns gefragt, was wir da im Osten wollen. Aber wir sagten: ‘Überall sind gute Menschen’“.
Mohamed erzählt: „Schon dort haben wir es so gehalten, dass die Leute, die bei uns einkauften, für uns nicht nur Kunden sind. Da haben sich Freundschaften entwickelt. Zu manchen haben wir heute noch Kontakt. Die besuchen uns manchmal noch hier.“ Als die Max-Schmeling-Halle gebaut wurde, schlossen sich beide einem Obst- und Gemüsehändler an, der vor der Kaufhalle am Platz der Vereinten Nationen stand und übernahmen das Geschäft schließlich. „Wir sind seit 27 Jahren hier“, sagt Mohamed. „Manche Leute, die damals bei uns einkauften, sind schon gestorben, aber ihre Kinder und Enkel sind jetzt unsere Kunden.“ Mohamed wendet sich einer Frau zu, die sich eine Schale mit Beeren ansieht. „Jetzt ist Beerenzeit. Diese Sorte ist ganz süß. Probieren Sie bitte!“ Şükran greift den Gedanken auf, den ihr Mann äußerte: „Für uns sind Kunden nicht einfach nur Kunden, sondern auch Freunde. Wir haben richtig Freunde gefunden, die uns fragen, wie es uns geht. Man erzählt sich etwas, redet auch über Politik, macht Späße. Als wir einmal einen Schicksalsschlag erlitten, haben sie uns getröstet, riefen an und fragten, ob sie helfen können.“ Mohamed gesellt sich wieder zu uns: „Bei uns geht es nicht so in der Art: Kaufen und Tschüss. Man muss ehrlich sein zu den Kunden, dann haben Sie sie auf Ihrer Seite und dann kommen sie wieder. Diese Vertrauen kommt nicht von heute auf morgen.“
Keine einfache Tätigkeit
Artischocken, Okraschoten und die vielen in Friedrichshain unbekannten Sorten Paprika, die man in Berliner Wohngebieten verkauft, in denen mehr Menschen mit ausländischer Herkunft wohnen, kennen und kaufen die hiesigen Kunden nicht. „Wir kaufen ein, was gerade so an einem Tag weggeht. Mehr schaffen wir gar nicht. Es sei denn, Sie bestellen etwas.“
Die Asfaris liefern auch zu Kunden und haben seit Jahren einen festen Kundenstamm, der größere Posten abnimmt. Einer kauft in jedem Frühjahr Spargel und schickt ihn dann nach Schweden. Ein anderer kauft Kirschen und sendet sie nach Singapur, wo sie eine Rarität sind.
Im Herbst brechen die Asfaris ihre Zelte ab. „Es ist ein Saison-Geschäft“, erklärt Mohamed. Dann werden Kunden beliefert und die Abrechnung wird gemacht. „Es ist auch ein Knochenjob“, meint Şükran. Zwischen sieben und acht Uhr abends wird abgebaut. Am nächsten Morgen geht es wieder los. „Noch haben wir die Kraft das durchzustehen. Einmal war mein Mann krank und wir konnten den Stand nicht aufbauen. Dann haben uns viele Freunde angerufen und gefragt, wann wir wiederkommen.“ Der Schwiegersohn wird dereinst das Geschäft übernehmen und wird auch schon eingewiesen. Mögen dennoch die beiden sympathischen Asfaris erst einmal noch lange als Verkäufer am Obststand erhalten bleiben.
freundliche Bedingung und Menschen und sehr guter Qualität alles lecker und frisch ?
Viel Erfolg ❤
Man kann nur Gutes zu den beiden netten Obsthändlern sagen. Sie sind immer freundlich und haben gute Tipps zur Behandlung und Zubereitung der Obst-und Gemüsesorten. Alles ist immer sehr frisch und knackig. Besonders zu empfehlen:Melone, Blumenkohl, Orangen, Dill, Pfefferminze, Kartoffeln und Zwiebeln. Wir hoffen, dass die beiden weiter dort bleiben und uns mit ihrem Angebot überraschen und verwöhnen.