Eishockey | Quelle: Bundesarchiv Bild 183-N0317-008

Schnell und hart

Eishockey im Jahre 1896 | Quelle: Gartenlaube Zeitschrift, 1974
Die Eishockeyspieler hatten anfangs nur wenig Raum zum Training.
/ Quelle: Gartenlaube Zeitschrift, 1974 /

Eishockey in Friedrichshain.

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„Wem es zu wohl wird, der geht aufs Eis“, dachten sich einige Hockey-Fans und gingen im Winter 1865 auf die gefrorene Spree. Schlittschuhe, Landhockeyschläger und ein Korkball genügten, um „Bandy“ zu spielen. „Bandy“, das war der Ball. Damals war aber Eislaufen die Trendsportart, überwiegend für Vermögende, die 1886 den „Berliner Eislauf Verein“ gründeten. Zur Alternative einiger Eisschnellläufer – Eisschnelllauf war seinerzeit die Königsdisziplin –, wurde 1893 der „Berliner Schlittschuh-Klub“. Dieser eröffnete 1900 die erste Berliner Eishockeyabteilung ins Leben gerufen. Eifrig wurde intern darüber debattiert, ob man in Zukunft mit dem „Bandy“ oder dem neumodischen „Puck“ spielen würde. Zum schnellen Spiel passte der 175 Gramm schwere und 25 Millimeter starke „Puck“ besser. 1909 verdrängte er nicht nur den „Bandy“ sondern auch die Spielweise. Der „Puck“ war das Symbol für das „Kanadische Eishockey“, wie es im „Eispalast“ an der Schöneberger Martin-Luther-Straße gespielt wurde. Seit 1908 ermöglichte eine Kunsteisbahn hier den Sportbetrieb unabhängig vom Wetter oder wie es der Volksmund aussprach, ein „Eis mit warmen Füßen.“ Der „Berliner Eishockey-Bezirk“, galt 1909 als ein Hotspot der übersichtlichen europäischen Eishockey-Szene. Hermann Kleeberg war in dieser bestens vernetzt. Bereits vor 1900 sammelte Kleeberg etliche Trophäen beim Eisschnelllauf, um nach 1900 sein Herz fürs Eishockey zu erwärmen. Als erfolgreicher Spieler und Manager organisierte er nationale wie internationale Wettbewerbe in Berlin. Im ersten Weltkrieg kam seine Arbeit zunächst zum erliegen. Kleeberg ließ sich nicht unterkriegen, und im Februar 1917 setzte er eine neue Zeitrechnung in Gang. Zuerst auf einer kleinen Kunsteisbahn im Admiralspalast und ab 1922 auf einer großen im Sportpalast. 1926 titelte die BZ am Mittag: „Das Boxen ist tot. Es lebe das Eishockey“.

Training und Wettbewerbe

1933 trat Kleeberg in die NSDAP ein, „in Sorge darüber, seine Kontrolle über den Eishockeysport zu verlieren“, wie er sich nach dem Krieg verteidigte. Diese „Sorge“, zahlte sich für ihn in der Ernennung zum „Reichsfachamtsleiter“ aus. Eishockey stand bei den NS-Funktionären hoch im Kurs. Es ging um einen schnellen, harten Sport, der beim Kampf Mann gegen Mann, ein gemeinsames Handeln im Team erfordert, zudem viele technische Anlagen erfordert und damit in dieser Zeit Ausdruck der industriellen Leistungsfähigkeit war. Mit Blick auf die Olympiade von 1936 nutzte Kleeberg seine Stellung, um den Ausbau neuer Kunsteisbahnen voranzutreiben. 1935 begannen die Planungen für das „Eisstadion Friedrichshain“, an der Langenbeckstraße neben dem Volkspark. 1936 eröffnet, wurden hier vor allem lokale Wettbewerbe des deutschen Eishockey-Verbandes veranstaltet, und Turniere zur Deutschen Meisterschaft. Herr Molander, ein Schwede, der ein Sportgeschäft besaß und seit dem Ersten Weltkrieg in Berlin lebte, war hier der Trainer. Das Eisstadion Friedrichshain gehörte zu den Trainingsorten der damaligen Spitzenstars Gustav Jaenicke, Erich Römer und Rudi Ball, alle offiziell Amateure. Erich Römer führte ein großes Büromaschinengeschäft. Nach guten Spielen wurde er mit Bestellungen und Wartungsverträgen überhäuft. Rudi Ball war der Spross von Inhabern eines eleganten Konfektionsgeschäftes, Siege waren die perfekte Werbung fürs Geschäft. Doch wurde er 1933 mit Spielverbot belegt, er galt als „Halbjude“. Kleeberg setzte die Olympiateilnahme von Rudi Ball durch und schützte ihn weiterhin vor Verfolgungen. Vom Vater übernahm Gustav Jaenicke die Leitung der Luxusschuhfabrik „Breitsprecher“. Dank seiner Sporterfolge wurden ihm Autos zu Vorzugspreisen angeboten. Der zweite Weltkrieg war die Zeit der „Eishockey-Kriegs-Meisterschaften“, die Nachwuchsspielern eine Chance boten, sich auszuprobieren. Doch die Meisterschaften von 1942 und 1943 litten unter Personalmangel, weil immer mehr Sportler an die Front abkommandiert wurden. Der Sportpalast als Austragungsort fiel im Herbst 1943 wegen schwerer Bombenschäden aus. Jetzt füllte das Eisstadion Friedrichshain die Lücke. Im Herbst 1944 siegte beim Entscheidungsspiel um den Gruppensieg der LTTC Rot-Weiß Berlin über die Düsseldorfer EG mit 2:1. Selbst das Finale der letzten deutschen Eishockeymeisterschaft vor 1945 wurde im Friedrichshainer Stadion ausgetragen. Die „Kriegssportgemeinschaft“ aus SC Brandenburg und dem Berliner Schlittschuh-Klub besiegte den LTTC Rot- Weiß Berlin mit 4:3. Jahre später stand der Platzmeister des Stadions vor Gericht. Er hatte einen Sportlehrer nach dessen abfälligen Äußerungen über das Hitleregime denunziert. Der Lehrer musste ins Gefängnis und verlor seine Stellung. Der Platzmeister kam 1948 für neun Monate hinter Gitter.

Kein Neuanfang

Kurz vor Kriegsende wurden die Kühlaggregate des Eisstadions schwer zerstört und nach dem Krieg nicht wiederhergestellt. Das ehemalige Eisstadion wurde nach 1945 zur viel genutzten Fußball-, Handball- oder Boxarena. 1952 wurde die marode Anlage saniert und als „Sportplatz Eisstadion“ 1953 neu eröffnet. Die Eishockey-Mannschaften trainierten zunächst auf zugefrorenen Seen und Flüssen, die Kapazität der wenigen Kunsteisbahnen, etwa in Pankow, reichte nicht aus. Nach 1950 wurde die Werner-Seelenbinder-Halle für Zuschauer und Aktive des Eishockeys zum „Wohnzimmer“.

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