Selbstständig sein ist mühevoll
Wie wohl generell bei Selbstständigen, ist auch für Frau Plagemann der Achtstundentag Utopie. Geöffnet wird morgens um 7 Uhr. „Ich hab es auch schon mal mit um sechs probiert, aber das rentiert sich nicht.“ Dann wird Frühstück angeboten, Rührei, Bauernfrühstück, belegte Schrippen und vieles andere. Geöffnet ist bis um 17 Uhr. „Manchmal auch länger, je nachdem, wie es mit den Gästen ist. Wenn einer noch was essen will, dann kommt eben noch mal was in die Pfanne.“ Anders als manche Selbstständige, die sich keinen Urlaub leisten (und dennoch nicht besser arbeiten) achtet Elke Plagemann auf ihre Erholung. Im Juni geht es für vierzehn Tage in die Sommerferien und über die Feiertage zu Weihnachten ist auch geschlossen.
Was ist ihr Lieblingsessen, frage ich Frau Plagemann. „Rinderroulade!“ kommt es prompt, und sie ergänzt: „Sie werden es nicht glauben, aber wenn ich hier den ganzen Tag koche, dann bereite ich mir zu Hause was Eigenes zu.“ Manchmal, so erfahre ich, geht es dann auch zum Italiener.
Wie erleben sie eigentlich die Veränderungen im Kiez? „Es ist schade, dass man hier keine günstige Wohnung mehr findet“, bedauert Frau Axt „ Ich bin inzwischen auch mit meiner Familie rausgezogen. Eigentlich habe ich mich hier immer sehr wohl gefühlt.“
Ist auch mal etwas Aufregendes im Laden passiert? Frau Plagemann denkt nach. „Einmal wurde ins Geschäft eingebrochen. Die haben alles durchsucht, aber nichts gestohlen.“ Nach einer kurzen Pause fügt sie hinzu: „Was denn auch?“ Ein Ärgernis war es trotzdem, denn die Polizei musste geholt werden und alles wurde aufgehalten. Was wünschen sie sich für die Zukunft, möchte ich wissen. „Dass es noch lange so weiter geht und die Kraft dafür da ist“, ruft Nicole Axt spontan und ihre Mutter stimmt zu. „Hauptsache es macht Spaß!“, resümieren sie.
Da mischt sich im allerfeinsten Berlinisch ein Kunde an der Theke ein, der zugehört hat: „Jenau!“, kommentiert er: „Det Schönste is imma der Feijeraahmd!“
Eigentlich müsste das ganze Interview auf Berlinisch abgedruckt sein, in dem Dialekt, in dem es geführt wurde und den auch die Kundschaft hier spricht. Ein bisschen fühlt man sich in frühere Zeiten versetzt: „Hier jib’s nich nur wie bei Muttan; hier wird ooch so jequatscht!“
Leider gilt der Berliner Dialekt bei vielen als schlechtes Deutsch und leider wird deutsche Küche in der Stadt als wenig anspruchsvoll angesehen. Zu Unrecht. Andere Länder pflegen ihre regionale Küche, lassen sie gesetzlich schützen und fördern ihre Dialekte. In Mecklenburg wird Platt sogar an Schulen gelehrt. Warum das alles in Berlin nicht möglich sein kann, dafür gibt es keine plausible Erklärung. Was Elke Plagemann und Nicole Axt täglich machen, ist nicht nur solide Gastwirtschaft, sondern auch Kulturarbeit. Davon kann es nicht genug geben.