Arbeiten bei Knorr
Zu den Statussymbolen erfolgreicher Unternehmer wie Georg Knorr gehörte der Umfang von sozialen Leistungen an die Mitarbeiter. Damit niemand das Gelände verlassen musste um sich zu versorgen, bot die Kantine gutes preiswertes Essen an. Mit sozialen Leistungen hoffte Herr Knorr, den aus seiner Sicht „Wahnsinn des Sozialismus“, in Schach zu halten. Die Lohnabhängigen jener Jahre waren kritisch und streitbar. Ihre Loyalität zu erhalten, war für Knorrs Fabrik überlebenswichtig. Wie seine Mitarbeiter rang er um gesellschaftliche Mitsprache im Wilhelminischen Staat der Dreieinigkeit aus Militär, Kirche und Adel.
Georg Knorr verstarb 1915, sein Bild des sorgenden Patriarchen verblasste schnell. 1928 gründete Johannes Engel die „Nationalsozialistische Wählerschaft bei der Knorrbremse” und nach dem 30. Januar 1933 streiften die Angehörigen der ‚NS-Werksschar‘ als Werkschützer durch den Betrieb. Toilettenkontrollen wegen Rauchens oder Ausruhens waren alltäglich. Blitzschnell wurde die Eingangstür aufgerissen und geschaut, ob die Betreffenden ihre Kleider herunter gezogen hatten. Rauchen auf dem Klosett galt als sofortiger Entlassungsgrund.
Illegale KPD-Mitglieder trafen sich im Fahrstuhl, die Verständigung lief über Klingelzeichen. Bei über 5 Millionen Reichsmark lagen bei der Knorr AG 1943 die Bombenschäden. Aber der Umsatz stieg im selben Jahr auf 100 Millionen. Zu den 4.000 deutschen Arbeitskräften kamen 3.000 Tschechen, Polen und Russen, Zwangsarbeiter, die hinter Stacheldraht in Baracken leben mussten.
Ihre Kost war schmal. Wer beim Stehlen von Kartoffeln erwischt wurde, kam in den Bunker. Wer gut arbeitete, bekam eine Ration, die einer halben der deutschen Arbeiter entsprach. In Tages- und Nachtschichten schufteten an den schweren Maschinen auch Frauen und Mädchen, von denen viele neben Drangsalierungen Vergewaltigungen vom Lagerführer Schwark und seinem Stellvertreter erlitten. Am 15. April 1945 gelang acht „Ostarbeiterinnen“ die Flucht.
Am Morgen des 23. April 1945 gruben Anwohner unter Trümmerschutt begrabenes Mehl aus. Einrichter Friedrich Kotschorrek und Ingenieur Freydank, beide gehörten zur Werksschar der Knorr-Bremse, verhafteten 12 dieser Männer und überstellten sie der SS, die auf dem Werksgelände einen Gefechtsstand hatte. Unter einem Vorwand wurden elf von ihnen in einen Hinterhalt gelockt, mit der Maschinenpistole erschossen und ihre Leichen auf dem Gelände verscharrt.
Die Aussage “Später kam es zur Trennung der Produktion in VEB Berliner Bremsenwerk und VEB Messelektronik Berlin” ist schlicht falsch.
Der VEB Meßelektronik war eine Neugründung nach dem Ende der SAG-Zeit 1954 in den Räumen der Knorr-Gebäude an der Neuen Bahnhofstraße und hatte mit der Knorr-Bremse vor 1945 und dem Berliner Bremsenwerk bis 1990 nichts zu tun. Erst nach 1990 gehörte die aus dem VEB hervorgegangene MEB Meßelektronik GmbH kurzzeitig zum Knor-Bremse Konzern, da diese die Firma beim Wiedererwerb der Gebäude von der Treuhand mit übernehmen mußte (oder wollte). MEB wurde dann einige Zeit in die Knorr-Bremse Elektronik in München integriert, später wurde das Geschäft mit Meßzellen aber weiterveräußert und MEB abgewickelt.