Enthusiasmus bei jungen Menschen
„Zuerst wurden immer die Straßen freigeräumt“, erzählt Frau Möller*, Jahrgang 1930, und beschreibt mir die Gegend im Berliner Zentrum, in der sie Steine geklopft hat. „Kein Haus stand mehr in der ganzen Straße, es war alles kaputt.“
Aus den Ruinen der zerstörten Häuser, aus den Schuttbergen wurden die Ziegelsteine geborgen und für den Wiederaufbau Berlins verwendet. In der Bauweise „Stein auf Stein“ waren die Häuser einst gemauert, und nun wurde Stein für Stein von Trümmerfrauen in die Hände genommen. Der Mörtel wurde abgeschlagen und abgekratzt, Trümmerbrocken auseinandergeschlagen, Stein für Stein wiedergewonnen und Stein für Stein gestapelt. „Schwere Arbeit war das, aber wir waren jung und hatten Kraft. Wir bekamen dicke Handschuhe und Hämmer, die an einer Seite verbreitert waren, um Mörtel und Kies ordentlich abklopfen zu können.“
In den Jahren 1952 und 1954 ist Frau Möller Trümmerfrau gewesen. Das Nationale Aufbauwerk (NAW) hat die Einsätze organisiert, dort hat sie sich freiwillig gemeldet. Für je drei Stunden, die sie immer nach Feierabend leistete, bekam sie einen Stempel in die Aufbaukarte. Oft war sie erst gegen 20 Uhr zu Hause. „Es war eine Bewusstseinsfrage, so nannte man das damals, der Wiederaufbau war lebensnotwendig.“
In einer Dokumentenmappe hat Frau Möller die Aufbaukarten aufbewahrt. Sieben Jahrzehnte alte Stempel, mit Tinte geschriebene Eintragungen von Selbstverpflichtungen und Auszeichnungen, die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden und der Aufruf an die Bevölkerung der jungen DDR, beim Wiederaufbau Berlins mitzuarbeiten, sind ein einzigartiges Zeugnis aus ihren Nachkriegslebensjahren. „Wenn ich an diese Zeit denke, geht mir auch durch den Sinn, wie viel Blut wohl an den Trümmern klebt, was alles verschüttet wurde, wie viel wohl unter den Trümmern geblieben ist.“