Treff, Café und Restaurant in einem
Wegen seiner provisorischen Anmutung erinnert das Lokal La Despensa ein wenig an die Ersteinrichtung zahlreicher neuer Kneipen und Läden, die in der Revolutions- und Besetzerzeit wie Pilze aus dem Boden geschossen waren. Die Möbel wirken benutzt, abgegriffen, man sieht keinen besonderen Chique. Und doch ist es etwas ganz Eigenes. Findige Inneneinrichter verkaufen unter dem Begriff „Shabby-Look“ inzwischen sehr erfolgreich mit künstlicher Patina Versehenes und auf alt Gemachtes, das nagelneuen Boutiquen ein lächerliches, gewollt und nicht gekonntes Rumpelkammer-Aussehen verleiht. Und doch fehlt denen das Wichtigste. In La Despensa tritt die Erscheinung des Mobiliars zurück, weil die Menschen im Vordergrund stehen. „Wir wollen den lateinamerikanischen Geschmack hier her bringen“, sagt Rodrigo, „wir wollen kulturellen und sozialen Austausch.“ Anne fügt hinzu: „Unsere Besucher sind zu einem Drittel spanisch- und zu einem Drittel englischsprachig. Die Mittagsgäste sind überwiegend Deutsche. Erstmalig wurde auch von Unternehmen aus der Umgebung das Hinterzimmer für Weihnachtsveranstaltungen nachgefragt. „Die lateinamerikanische Community interessiert sich auch für uns“, ergänzt Anne. So bestellte die Botschaft Paraguays zu einem offiziellen Festtermin 120 Empanadas und in diesem Jahr wird La Despensa Paraguay auf der Internationalen Tourismusbörse Vertretung und das komplette Catering übernehmen.
„Die Empanadas habe ich dann im Berufsverkehr durch die U-Bahn geschleppt.“ Anne macht ein Gesicht dabei, das auf wenig Vergnügen schließen lässt. „Wir brauchen ein Auto!“, stellt Rodrigo fest, und es scheint, als beschäftigten die beiden sich nur ungern mit dieser notwendigen Anschaffung. Annes Großeltern besitzen in der Nähe von Görlitz einen ökologisch geführten Hof, wo im Herbst die Roten Rüben ihrer Empanadas herkommen. Die voll beladenen Gemüsekisten konnten sie bislang irgendwie nach Berlin dirigieren. Das wird irgendwann nicht mehr möglich sein.