Genussexperten
Rodrigo gilt auch international als Fachmann in Sachen Mate. Er begleitete ein Kamerateam in eines der klassischen Anbaugebiete und dolmetschte in der Landessprache der Ureinwohner, in Guaraní. Die Urform der Mate wächst ähnlich wie Efeu im Wald im Schatten hoher Bäume. Üblicherweise werden kostengünstigere Sorten auf Plantagen unter künstlichen Sonnenzelten angebaut. „Aber wir haben den besten Mate aus den klassischen Gebieten.“ Anne ergänzt: „Wir experimentieren auch mit den roten Beeren der Mate-Pflanze, die bislang keine Verwendung finden.“ Im Angebot hat La Despensa übrigens auch Cold brew Coffee, kalt gebrauter Kaffee, keine lateinamerikanische Spezialität aber trotzdem erwähnenswert.
Dieses Getränk muss mit einer deutlich größeren Menge Kaffee als bei heiß Gebrühtem über mehrere Stunden im Kühlschank ziehen. Sich treu gebliebene DDR-Bürger werden die Nase rümpfen ob der Verschwendung. Ganz zu schweigen davon, wer erinnert sich nicht, dass Kaffee im kommunistischen Rumänien eine harte Währung war? Doch die Vorteile des Cold Brew liegen auf der Hand: bedeutend bekömmlicher und intensiver im Geschmack. Ein „Sommergetränk“, kommentiere ich. „Aber mit heißer Milch auch an kalten Tagen gut“, setzt Rodrigo hinzu.
Flexibel und offen sein
Annes und Rodrigos Arbeitsbiografien mögen eine Ausnahme sein, doch sind sie genau das, was ein paar Freunde und ich als junge Menschen immer erträumt hatten: mit Eigeninitiative das Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten, egal wo in der Welt, aber immer auch mit einem Bewusstsein für Verantwortung. Das ist etwas anderes, als das häppchenweise zugeteilte Leben mit wenig individuellen Gestaltungsspielräumen, wie es in der DDR erduldet werden musste und wie es viele Ängstliche inzwischen wieder haben wollen. Dass sich aktive Menschen wie die Betreiber des La Despensa in unserer Nachbarschaft niederlassen, unser Leben bereichern und sich bei uns wohl fühlen, ist ein Lob, auf das wir stolz sein können.