Konfessionelle Streite
In zwei Hauptrichtungen entwickelten sich die Glaubensvorstellungen der Gemeindeglieder, deren Mitglieder sich mitunter gegenseitig heftig anfeindeten. Hier schlug sich eine Diskussion nieder, die damals überall im Deutschen Reich geführt wurde: Sollte man im Gebet tatsächlich noch laut bekennen, man glaube an die unbefleckte Empfängnis, obwohl alle wussten, dass es sie gar nicht geben kann? Diese und ähnliche Streitereien über den wissenschaftlichen Gehalt von Glaubensbekenntnissen waren die Spitze unterschiedlicher Glaubens- und Lebensauffassungen: Ist die Heilige Schrift eher sinnbildlich als eine Hilfe zum Zusammenleben aufzufassen oder wortwörtlich zu nehmen? Die „Positivisten“, die in Lazarus sehr stark waren, hatten eine positive Auffassung zum Bibelverständnis, pflegten eine bibeltreue Frömmigkeit.
Eine verhängnisvolle Zeremonie
Doch wurden diese beide Richtungen Anfang der 1930er Jahre von einer ganz neuen protestantischen Strömung, nämlich den antisemitischen und rassistischen Deutschen Christen, die in Adolf Hitler buchstäblich den neuen Messias sahen, an den Rand gedrängt. Widerspruch erhoben 1934 die Bekennenden Christen in den Barmener Thesen: „Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer Verkündigung außer und neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen.“ Dies war ein Ärgernis für die Nationalsozialisten, denen es nie gelingen sollte, die Bekennende Kirche vollends zu unterdrücken. Doch beteiligte sich die Lazarusgemeinde, als deutsch-christliche Gemeinden am 2. Juli 1933 in ganz Preußen Kirchen mit Hakenkreuzfahnen beflaggten, mit einer Massentrauung von 47 Brautpaaren der Deutschen Christen. Die Bräutigame traten alle in SA-Uniformen auf.