Regsamkeit
Nähstuben, die nicht lieferten wie jene in der Mirbachstraße 49, wurden im Dezember 1946 geschlossen, erfolgreiche wie jene in der Ebertystraße 9 gefördert. Im Juni 1946 erzielte sie trotz einer hohen Monatsmiete von 60 Mark einen Gewinn von 86 Mark. Vier Näherinnen und vier Jugendliche saßen an fünf Nähmaschinen. Die Nähstube in der Liebigstraße 18 lief ebenso sehr gut. Unterstützt von vier Jugendlichen führten drei Näherinnen Flickarbeiten aus. Sechs Nähmaschinen standen im Betrieb, davon gehörten drei den Näherinnen. Wegen einer Privatmaschine loderte in der Nähstube Rüdersdorferstraße 49 ein Konfl ikt auf. Eine der Näherinnen, eine Genossin, arbeitete in der Nähstube Kadiner Straße. Als zwei Maschinen der Rüdersdorfer gestohlen wurden und die anderen defekt waren, sollte sie ihre Maschine zur Verfügung stellen. Die Genossin sagte: „Diese Nähstube hier in der Rüdersdorfer Straße leitet eine CDU-Frau und für mich ist es untragbar, indirekt CDU zu unterstützen. Genossinnen, die hier arbeiten, sollten kündigen.“ Allerdings hatte die Genossin auf Anweisung der Kreisleitung und „im Sinne der Bündnispolitik“ ihre Maschine abzugeben. Zum Ärger vieler Nähstuben, denen Garne, Stecknadeln, Zentimetermaße, Maschinenöl oder Zuschneide-Scheren fehlten, arbeiteten die Stuben von der SED nur für ihre Privatkundschaft.
Finanzen
Am 3. April 1946 war im Bezirksfrauenausschuss die Selbstfinanzierung der Nähstuben ein Thema: „In vielen Fällen ist die Selbstfinanzierung der Nähstuben nur möglich durch eine Unterbezahlung der dort arbeitenden Kräfte. Sie liegt im Allgemeinen bei 1.05 Mark für die Leiterinnen. Der Lohn für die Näherinnen bewegt sich zwischen 0.45 bis 0.65 Mark. Jugendliche bekommen eine Erziehungsbeihilfe von 40 Mark und die Karte III. Deren Arbeitszeit gilt nicht als Lehrzeit, die Innung ist dagegen. Die Nähstuben sind durch unrentable Flick- und Ausbesserungsarbeiten überlastet. Die Kosten für das mühsame und zeitraubende Instandsetzen der sehr beschädigten Gegenstände liegen sehr hoch.“
Schließung
Mit der Auflösung der Frauenausschüsse im Westteil im März 1947 wurden auch deren Nähstuben aufgelöst. Zwar ging die Arbeit der Frauenausschüsse in den Ostbezirken weiter, die im Laufe des Jahres 1947 von großen Betrieben oder von der Volkssolidarität übernommen wurden. Mindestens 200 Nähstuben richteten die Frauenausschüsse in ganz Berlin ein. Allein zwölf in Friedrichshain. Laut einer Schätzung wurden mindestens 82.000 kostengünstige Kleidungsstücke genäht. Die Motivation der in den Nähstuben Beschäftigten war, sich abseits der allgegenwärtigen Schwarzmarktgeschäfte eine reelle Existenz zu erarbeiten.