Kaum wiedezuerkennen: Der Postbahnhof 2006 / Foto: Gryffindor, Wikimedia /

Die Maria und der heiße Dampf

Neustart mit erweiterten Aufgaben

Zum Kriegsende halbzerstört, wurden die Gebäude des O 17 bis 1951 instand gesetzt. Zusätzlich zum normalen Postverkehr war jetzt der gesamte Zeitungs- und Zeitschriftenvertrieb der „Deutschen Post“ zu bewältigen. Dieser Dienst hatte inklusive Außenstellen 1.200 Mitarbeiter. Neben dem O 17 eröffnete auch ein zentrales Postzeitungsvertriebsamt (PZA) am 30. Juli 1965.
Der Postzeitungsvertrieb (PZV) hatte die Aufgabe, Verkauf  und Zustellung aller regelmäßig erscheinenden in- und ausländischen Presse­erzeugnisse in der DDR zu gewährleisten.

Ein Mitarbeiter des MfS öffnet Briefe am Aufdampftisch.        / Quelle: MfS Abt.M/Fo/31 Bild 3 /
Ein Mitarbeiter des MfS öffnet Briefe am Aufdampftisch. / Quelle: MfS Abt.M/Fo/31 Bild 3 /

Mangelwirtschaft und Kontrollwut statt Pressefreiheit und Postgeheimnis

Der PZV führte einen Index, in dem alle von ihm zu vertreibenden Zeitungen und Zeitschriften verzeichnet waren. Viele Zeitungen und Zeitschriften auf der PZV-Liste besaßen Sperrzeichen, die besagten, dass keine neuen Abonnenten aufgenommen werden konnten. Nach dem Ableben eines Abbonenten durfte nicht einfach ein neuer Bezieher eingesetzt werden. Die Ursache: Papiermangel. Die Streichung einer Zeitschrift von der Liste kam einem Verbot gleich, wie es im Herbst 1988 beim Glasnost-freundlichen „Sputnik“ geschah.
Im 14.000 Quadratmeter großen Postzeitungsvertriebs­amt und im Paketbahnhof arbeiteten seit 1950 getarnte Mitarbeiter der Staatssicherheit. Für die Paketkontrolle war die Abteilung M/4 der Staatssicherheit zuständig. Jedes Jahr versorgten  Bundesbürger mit ca. 25 Millionen „Westpaketen“ ihre Verwandten im Osten mit Genussmitteln. Ob Waren oder Geld, nichts entging den Kontrolleuren. Alle Pakete durchliefen eine Röntgenkammer. Die als Mitarbeiter der Deutschen Post getarnten MfS-Leute legten die Pakete so in die Kammer ein, dass von drei verschiedenen Seiten Inhalte oder Konturen von Gegenständen erkennbar wurden. Zahlungsmittel wurden einbehalten und gingen an die Staatsbank der DDR. In der Zeit zwischen 1984 bis 1989 kamen auf diese Weise über 32 Millionen DM dem DDR-Staatshaushalt zugute.
Unter der Bezeichnung BV 46/47 kontrollierte im O 17 eine Dienstelle des MfS die in den Westen adressierte und von dort abgesendete Post. Schichtleiter der Post übergaben die Sendungen an diese Dienststelle im Hause. Die Brief-Öffnungs- und Verschließprozeduren mit Dampf und Leim geschahen weitgehend automatisiert. Ziel der Post- und Paketkontrollen war die Suche nach „geheimdienstlichen Verbindungen“. Wenn aus 40.000 Personen-Hinweisen 13 Sendungen an „Feindorganisationen“, wie z.B. Amnesty International gefiltert werden konnten, wurde das als ein Zeichen erfolgreicher Arbeit angesehen. Die Verletzung des Post- und Fernmelde­geheimnisses, das der Artikel 31 der DDR-Verfassung von 1968 garantierte, geschah im großen Stil und mit krimineller Energie im Staatsauftrag. Grundlage waren die Befehle des Ministers für Staatssicherheit Erich Mielke, der seine Anweisungen vom Staatsrats- und SED-Vorsitzenden Erich Honecker erhielt.

Ein Gedanke zu „Die Maria und der heiße Dampf“

  1. Ich wusste noch gar nicht, dass es schon seit dem frühen 20. Jahrhundert Rohrpostanlagen gibt. Ich denke ich würde diese Location auch gerne mal besuchen. Denn ich habe eine Schwäche für alte Locations um Events zu organisieren.

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