Rätselhafter Skelettfund auf Stralau.
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Als Frau L. aus Stralau Ende Februar wie gewohnt spazieren ging, bemerkte sie einen ganz neu abgesperrten Bereich auf der Freifläche in der Straße Alt-Stralau/Ecke Kynaststraße, gleich gegenüber der ehemaligen Teppichfabrik. Sie erkannte eine kleine Grabung und begab sich neugierig zu einem der Männer, die dort beschäftigt waren. Die Herren stellten sich als Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes vor. Man sei am 15. Februar auf der Suche nach Munition im Trümmerschutt unter der Oberfläche auf zwei zwei skelettierte Frauenleichen gestoßen, Keine Stoffreste, also unbekleidet, wahrscheinlich aus dem April 1945. Vielleicht ein Verbrechen. Die Polizei sei schon dagewesen und habe alles mitgenommen.
Nachforschungen
Eine Woche später wandte sich die Frau an die E-Mail-Adresse des Stralauer Geschichtspfades und fasste am Schluss ihrer Schilderung ihr Entsetzen mit folgenden Worten zusammen: „Ich wohne in der Nähe und bin schon unzählige Male unwissend über dieses Grab gestiegen. Ich wollte sie fragen, wie wir uns dazu verhalten können? So ganz einfach vergessen und weiter, ist für mich nicht machbar.“
Über das FHXB-Museum, das Bezirksmuseum Friedrichshain-Kreuzberg in der Adalbertstraße, wurde die zuständige Kriminalpolizei-Dienststelle darum gebeten, etwas Genaueres zu diesem schrecklichen Fund mitzuteilen. Die Antwort kam bald und wurde vom Museum weiter gegeben. Man wusste nichts von diesem Fund: „Auch nach Anfrage an benachbarte Polizeiabschnitte ist dort von einem solchen Fund nichts bekannt, weder auf Stralau, noch in angrenzenden Gebieten geschweige denn auf dem Areal, das von Frau L. beschrieben wurde. Würden derartige Skelette gefunden, würde die Polizei auch automatisch das Bezirksamt informieren, da bei Leichenfunden aus dieser Zeit keine kriminalistischen Untersuchungen fortgeführt werden. Sollte doch noch etwas gefunden werden, wird man sich nochmal mir melden. Es sieht aber nicht so aus.“
Erneute Anfrage
Einige zeigten sich dazu geneigt, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Wer weiß, was da wirklich gefunden wurde und ob da nicht doch vielleicht ein Missverständnis vorlag? Aber dann schickte Frau L. Fotos, die sie mit ihrem Handy gemacht hatte. Sie zeigen das Kameradisplay des Mannes vom Kampfmittelräumdienst, auf dem sehr deutlich ein menschlicher Schädel zu sehen ist.
Während man noch darüber nachdachte, wie weiter vorzugehen sei, meldete sich ein Mitarbeiter des FHXB-Museums: „Es wurde mir nun doch bestätigt, dass es die Leichenfunde gab und auch polizeilich bearbeitet werden, zuständig ist die Polizeidirektion 6 Treptow-Köpenick, daher wussten die in Kreuzberg/Friedrichshain nichts davon. Man wird sich schriftlich oder telefonisch bei mir in nächster Zeit melden mit weiteren Infos dazu. Das kann durchaus noch etwas dauern.“
Das war am 28. März. Am 23. August fragte ein Kollege vom Stralauer Geschichtspfad bei der Polizeidirektion 6 Abschnitt 65 in Treptow nach: „Im Zusammenhang mit dem Geschichtspfad über Stralau, der in Zusammenarbeit mit dem Friedrichshain-Kreuzberg-Museum und durch die Förderung der Lottostiftung Berlin entstand, sind wir an der Aufklärung dieses schrecklichen Fundes sehr interessiert. Außerdem werden wir des öfteren danach gefragt. Gern würde ich mit einem verantwortlichen Mitarbeiter darüber sprechen.“ Kurz darauf meldete sich ein freundlicher Beamter und teilte bedauernd mit, dass ein solcher Vorgang nicht bekannt sei.
Es geht um Menschen
Darauf wandte sich der Mitarbeiter an die Polizeidirektion 5, Abteilung 51 in der Wedekindstraße, zuständig für den gesamten Ostteil der Stadt und schickte den gesamten Schriftverkehr einschließlich Fotografien mit: „Ich bin aber überzeugt, dass Sie die richtigen Ansprechpartner im Polizeibereich kennen. Ich will Ihnen noch kurz mein Interesse an der Sache schildern. Einerseits habe ich der Anwohnerin versprochen mich zu kümmern und andererseits ist für unser Projekt Geschichtslandschaft Stralau schon wichtig, ob sich hier ein Zusammenhang mit dem Zwangsarbeitereinsatz in Stralauer Unternehmen herstellen lässt. Außerdem finde ich es äußerst merkwürdig, dass sich – trotz eindeutiger Fotos und Informationen des Mitarbeiters, der die Skelette gefunden hat – kein verantwortlicher Bearbeiter finden lässt. Das scheint ein Fall für die Abendschau des RBB zu werden.“
Still ruht seitdem der See. Bekannt ist, dass auf dem Gelände des ehemaligen Glaswerkes Zwangsarbeiter beschäftigt und wahrscheinlich auch untergebracht waren, schlecht oder gar nicht geschützt vor den Bombenangriffen und dem Beschuss der Alliierten. Ob es sich bei den Frauen um Angehörige dieser Opfergruppe handelt, wird vielleicht nie ermittelt werden können. Bekannt ist auch, dass auf dem Gelände die Streletzki-Gruppe ein großes Gebäude errichten will, „das Entree Stralaus“, wie es heißt, und dass es dabei immer auch um sehr viel Geld und wenig Zeit geht.
Es wäre angebracht, die Berliner Polizei würde in dieser gegenwärtig mit großen Emotionen verbundenen Angelegenheit etwas mehr Kooperation zeigen. Ob es sich um einfache Kriegsopfer, um verschleppte Zwangsarbeiterinnen oder Opfer eines anderen Gewaltverbrechen handelt, wir denken an die Würde zweier Menschen, die vor 73 Jahren auf tragische Weise ihr junges Leben verloren haben.
hahaha die Berliner Polizei und Kooperation
Gab es hierzu mal Neuigkeiten?