Tamara und der Laubfrosch
Jeder Stadtteil benötigt Straßen und diese brauchen Namen. Wegen der vielen Männernamen für die Straßen der Stadt sollte es der einer Frau sein, am besten eine, die mit Friedrichshain, DDR, Kultur und Musik verbunden ist. Die Wahl fiel auf Tamara Danz, einst Sängerin der Band Silly. Sieben Mal war sie „Rocksängerin des Jahres“ in der DDR. Drei Mal hatte Silly die „LP des Jahres“ aufgenommen. Ein Erfolg, der nach der Wende blieb.
Speziell diesen Erfolg sah Tamara Danz kurz vor ihrem Tod kritisch: „Ob Silly, Sputniks, Küchenlieder oder Oktoberklub auf einer Platte; Hauptsache, die Sehnsucht nach einer Zeit, in der alles geregelt war, wird bedient“. Immerhin, eine ihrer Stationen war für drei Jahre der linientreue Oktoberklub, um hier den, wie es hieß: „Alltag zu besingen wie er ist“.
Ihr Vater war als Außenhändler in Rumänien und Bulgarien tätig, bis er wegen kritischer Bemerkungen suspendiert wurde. Tochter Tamara absolvierte an der Friedrichshainer Musikschule eine Ausbildung in Tanzmusik und Gesang und traf 1978 auf die „Familie Silly“, die 1980 ihren Gruppennamen auf Silly verkürzte. 1983 traf der melancholische Song und das Album „Mont Klamott“ – gemeint war der Volkspark Friedrichshain – nicht nur in der DDR den Hörnerv vieler Fans und brachte zahlreiche Ehrungen und Plattenverkäufe ein. Silly durfte lange sechs Wochen auf Sowjetunion-Tour gehen. Ihre Texte waren zu verstehen, Tamara sprach fließend russisch.
Für Silly blieb der Westen verschlossen. Zwischen dem Westberliner Musikpromoter Jim Rakete und der Band war „unter der Hand“ ausgemacht, die LP „Zwischen unbefahr’nen Gleisen“ im Westen erscheinen zu lassen. Doch der DDR-Zoll nahm Jim Rakete Song und Textmaterial ab. Nach DDR-Gesetzen hatte sich Silly strafbar gemacht. Dem Ruhm von Tamara Danz schadete dies jedoch nicht.
Im Gegensatz zu den Jugendlichen der Beatjahre genoss sie viele Freiheiten in Bezug auf Kleidung und Auftreten. Sie wurde sogar zum Empfang zu Erich Honecker geladen, der auf sie „nicht größer wie’n Laubfrosch“ wirkte. Um politische Reformen in der DDR zu fordern, unterschrieb sie am 18. September 1989, eine offiziell verbotene „Resolution der Rockgruppen und Liedermacher“ und las sie bei jedem Konzert vor. Zu spät, sagten viele Oppositionelle, und waren misstrauisch, weil Gruppen wie Silly von der Partei gefördert wurden.
Tamara Danz blieben nicht mehr viele Jahre vergönnt. Am 2. Juli 1996 starb sie 43-jährig an Krebs. Mit der Mahnung „authentisch und glaubwürdig zu bleiben“, leitete am 16. November 2006 Franz Schulz, damals Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, eine kleine Feier zur Benennung der Tamara-Danz-Straße ein. Ihre Freundin Tamara wäre eine „der aufrichtigsten Personen“ gewesen, ergänzte die Journalistin Abini Zöllner und viele Zuhörer hatten Tränen in den Augen, als Songs wie „Bataillon d’amour“ oder „Asyl im Paradies“ erklangen.