Zdenka Hruby und Cedrik Lutz vom Friedrichshain-Kreuzberger Unternehmerverein | Photo: Giovanni Lo Curto

„Die Unternehmer unterscheiden sich nicht von den Anwohnern“

Zdenka Hruby und Cedrik Lutz vom Friedrichshain-Kreuzberger Unternehmerverein | Photo: Giovanni Lo Curto
Zdenka Hruby und Cedrik Lutz vom Friedrichshain-Kreuzberger Unternehmerverein / Foto: Giovanni Lo Curto /

Ein „Besuch“ beim Friedrichshain-Kreuzberger
Unternehmerverein e. V. (FKU).

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Friedrichshain, eine quirlige Öffentlichkeit mit ganz unterschiedlichen Erwerbsmodellen: Kreatives Gewerbe, vielfältige Gastronomie, Touristik, Handwerk – und auf einmal steht alles still! Was jetzt? Ich habe mich mit Zdenka Hruby und Cedrik Lutz vom Friedrichshain-Kreuzberger Unternehmerverein zu einem Interview per Videokonferenz verabredet. Gerade wird diskutiert, wie man langsam in die Normalität zurückkehren kann, die ersten Erleichterungen werden beschlossen. Unser Gespräch ist eine Momentaufnahme.

Engagiert für die Wirtschaft des Doppelbezirks

Frau Hruby gehört als Kommunikationsmanagerin, Verlagskauffrau und studierte Grundschullehrerin zu der in Friedrichshain stark vertretenen Gruppe von Menschen mit einer abwechslungsreichen Erwerbsbiografie. „Nicht gerade ein Pfeil!“, kommentiert sie und lacht. „Aber Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation, das sind bei mir die Kontinuitäten.“ Seit 2018 ist sie Mitarbeiterin des Unternehmervereins. „Ich bin für die Veranstaltungskonzeption, die Referenten- und Mitgliederakquise zuständig.“ Cedrik Lutz ist seit 2005 beim FKU angestellt und leitet die Geschäftsstelle in der Kochhannstraße 31. Er kam nach dem Ende seines Studiums mit einer Projektarbeit zum Verein und wurde schließlich übernommen. Der 1992 gegründete Verein versteht sich als branchenübergreifende Interessenvertretung und Netzwerk der Gewerbetreibenden, Selbstständigen und Freiberufler in Friedrichshain-Kreuzberg, der vielfältig berät und Kontakte ermöglicht. Es gibt 150 zahlende Mitglieder, doch nehmen viel mehr Unternehmen die Angebote des Vereins an. „Friedrichshain hat keine großen Industriebetriebe. Die sind nach 1990 alle verschwunden. Doch zeichnet sich der Ortsteil durch seine besondere Dynamik aus“, erklärt Herr Lutz und fährt fort: „Mehr noch als Kreuzberg. Aber hier wird aufgeholt.“ Im Vergleich mit Spandau oder Marzahn, wo es die alteingesessenen Unternehmen gibt, wechseln die Unternehmen häufiger. „Es gibt Firmen, die in Friedrichshain Erfolg haben und dann wegziehen. Auch ist das Handwerk wegen der hohen Mieten rückläufig. Es gibt auch immer weniger die Bereitschaft, in Wohngebieten auf einem Hof eine Werkstatt zu ertragen.“ Auf meine Frage, ob das Handwerk eigentlich als prekär anzusehen ist, weil es im Vergleich mit den Mühen keine großen Gewinne abwirft, gibt Herr Lutz eine positive Antwort: „Die Menschen hier üben ihr Handwerk nicht aus, um ein Vermögen anzuhäufen, sondern sie brennen dafür, was sie machen. Die Unternehmer unterscheiden sich nicht von den Anwohnern.“ Bis vor einem Monat war der Bezirk von einem Aufschwung geprägt, so Herr Lutz. Die Auftragsbücher waren voll.

Straßen in den Zeiten von Corona | Foto: Dirk Moldt
Nicht einmal sonntags sind die Geschäfte so geschlossen wie in der Corona-Zeit. / Foto: Dirk Moldt /
Verkauf von Gesichtsmasken zum Schutz gegen Corona-Viren im Friedrichshainer Park| Foto: Dirk Moldt
Maskenverkauf auf Spendenbasis im Friedrichshainer Park. Inzwischen ist die Produktion von Schutzmasken zu einem veritablen Wirtschaftsfaktor avanciert. Foto: Dirk Moldt

Ungewohnte Herausforderungen

Umso wichtiger ist es, sich auf die veränderten Bedingungen einzustellen. „Eine Änderung in unserer Arbeit besteht in der Organisierung von Webinaren anstelle von analogen Treffen“, sagt Frau Hruby. Diese Umstellung wird akzeptiert – nicht nur der Not gehorchend. Es hat schon vor der Corona-Krise Unternehmen gegeben, die bis zu 30 Prozent der Mitarbeiter im Homeoffice beschäftigten. „Unsere klassischen, häufig nachgefragten Angebote wie Teambildung in Unternehmen, Kundenbindung oder Tipps bei der Suche nach Auszubildenden, also alles, was mit Menschen zu tun hat, werden weiterhin gut angenommen. Die sind zeitlos.“ Aber es gibt auch neue Formate. Ein aktuelles Thema ist „Führen auf Distanz“, bei dem es um die Herausforderung geht, virtuelle Teams zu führen, deren Mitglieder sich nur im digitalen Raum begegnen. Nachgefragt wird eine optimale Strategie, wie sich Kinderbetreuung und Homeoffice jetzt unter einen Hut bringen lassen – bei Mitarbeitern und Geschäftsführern. „Immerhin besucht man sich bei Videokonferenzen nun zu Hause in den Wohnzimmern. Das ist für viele ungewohnt“, betont Frau Hruby. Viele machen die Erfahrung, dass bei Homeoffice die Grenze zwischen Arbeit und Privatem verwischt. Sie rät: „Es ist wichtig, darauf zu achten, dass Pausen gemacht werden.“ Gerade die kleinen Unterbrechungen, in denen man sich mit Kollegen über das Wetter oder die Pflege von Zimmerpflanzen unterhält, fallen weg. Dabei sind sie enorm wichtig für das Arbeitsklima. „Wir haben sogar schon eine Feierabend-Videokonferenz ausprobiert, um uns über Arbeitsinhalte hinaus auszutauschen. Mit Erfolg.“
Welche Fragen dabei besprochen wurden? Frau Hruby lacht: „Na, was wohl? – Wo es gerade Klopapier oder Masken gibt. Aber es ist wichtig, auch darüber zu sprechen.“ „Ein anderes wichtiges Thema lautet: ‚Mut zu 80 Prozent‘ “, fügt Herr Lutz hinzu. „In diesen Zeiten unter diesen Bedingungen ist es unmöglich, 100 Prozent zu schaffen. Es muss nicht alles perfekt sein. Wir haben Unternehmer, die sagen: ‚Besser 80 Prozent gemacht, als 100 nicht angefangen.‘“ Eine kluge Unternehmensführung achtet gerade in schwierigen Zeiten auf ihre Mitarbeiter und auf das Machbare.

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