Widerstand gegen Raules Methoden
In Pillau ließ er mit Ortsfremden Boote nach modernen niederländischem Muster errichten, was die dortigen Zünfte erboste, die ihre Jahrhunderte lang praktizierten Regeln missachtet sahen. Als der Unternehmer einen Schifffahrtskanal nach Königsberg für Überseeschiffe graben ließ, verfluchten ihn die Kleinschiffbauer, denn niemand brauchte mehr ihre kleinen Schiffe, auf denen bis dahin die Waren von Königsberg gebracht wurden. Raule sah Brandenburg damals schon als ein einheitliches Land an, das jedoch aufgrund unzähliger Einzelprivilegien so noch gar nicht bestand. Überall stießen seine Bemühungen auf Widerstand.
Unermesslicher Reichtum
1682 gründete Raule die Brandenburgisch-afrikanische Compagnie, die erste deutsche Aktiengesellschaft, um mit Waren aus Brandenburg, England, Frankreich und Afrika Handel zu treiben. Otto Friedrich von der Groeben erwarb 1683 im Auftrag der Compagnie im heutigen Ghana einen Stützpunkt, auf dem ein kleines Fort namens Groß-Friedrichsburg entstand. Auch hier jubelten später die Nationalisten: Die erste deutsche Kolonie! Dass von dort aus auch grausamer Sklavenhandel nach St. Thomas in die Karibik getrieben wurde, ließ man dabei oft gern unerwähnt. Der Kurbrandenburgische Anteil am Weltsklavenhandel war gering, dennoch machten dies immerhin etwa 30.000 verschleppte Menschen aus. Handelsgüter waren auch Gold, Elfenbein und Gummi Arabicum.
Raule verdiente außerordentlich gut in dieser Zeit, so dass er sich 1686 das verfallene Landschlösschen und kurz danach auch dazugehörige Ländereien in Rosenfelde kaufen und im niederländischen Stil ausbauen lassen konnte. Er war auch Lebemann, der gern Geschäftsfreunde und sogar den Hof des Kurfürsten zu rauschenden Festen einlud. Der Diplomat und Dichter Friedrich Rudolph Ludwig Reichsfreiherr von Canitz witzelte anlässlich einer solchen Gelegenheit einmal:
Der Churfürst und was Fürstlich heißt,
Haben jüngst beym Raule gespeist,
Mittags zu Rosenfelde;
Allwo man hat, versteh mich recht,
kostbar gegessen und gezecht,
Gespielet mit dem Gelde.
Dies hoffärtige Leben und die übergroße Huld des Kurfürsten brachten ihm Neid und Missgunst ein. Hinzu kam, dass das Afrika-Geschäft nicht wie erwünscht verlief. Einzelne Mitarbeiter verdienten auf Kosten der Compagnie in die eigene Tasche, was man Raule anlastete. Seine unterschiedlichsten Unternehmen hatte er zu undurchsichtigen Finanzgeschäften verwoben, weshalb er mehrmals Untersuchungen über sich ergehen lassen musste.
Ungnade und Armut
Sein tiefer Fall kam nach dem Tod des Großen Kurfürsten. Dessen Sohn Friedrich III., der sich 1701 zum preußischen König Friedrich I. krönte, ließ Raule im Dezember 1698 in Spandauer Festungshaft nehmen und ihn für dreieinhalb Jahre ohne Prozess einsitzen. Sein Schloss in Rosenfelde zog er ein und benannte es 1699 samt Dorf in Friedrichsfelde um. Nach seiner Haftentlassung lebte Raule als Verbannter fast mittellos auf einem Schiffswrack in Emden. Als dieses 1707 unbewohnbar wurde, konnte er nach Hamburg ziehen, wo er kurz darauf starb.
König Friedrich hatte kein Verständnis für Seefahrt und Welthandel, ließ die Schiffe verfallen, verscherbelte den überseeischen Besitz seines Vaters und löste schließlich 1711 die Brandenburgisch-afrikanische Compagnie auf. Raules Besitzungen in der Stralauer Vorstadt hatte bereits 1699 Paul von Fuchs, Malchower Minister, als Lohn für seine Dienste erhalten. Der Park Friedrichsfelde beherbergt heute den Berliner Tierpark.