Freche Spielszenen
In den folgenden Blues-Messen wurden immer wieder kleine Spielszenen geboten, die Szenen aus dem Leben der Jugendliche beschrieben. Einmal wurden die diametral unterschiedlichen Medienberichte in Ost und West aufs Korn genommen, ein anders Mal stellte man Polizisten und Geheimdienstler als Angsthasen mit riesigen Angsthasenohren dar. Die verantwortlichen Kirchenmitarbeiter mussten immer wieder ins Rathaus, wo ihnen vorgeworfen wurde, eine staatsfeindliche Versammlung zuzulassen. Doch fast alle Pfarrer im Kirchenkreis unterstützten die Blues-Messen, auch wenn sie es nicht mochten, dass die Jugendlichen, vor denen manche auf der Straße Angst hatten, auf die Kirchenbänke stiegen und laut jubelten.
Die Besucherzahlen der Blues-Messen verdoppelten sich jedes Mal. Als im Sommer 1980 der ganze Samariterplatz voller Jugendlicher war, und keine Autos mehr durchfahren konnten, rief die Superintendentin dem Pfarrer zu, die Kirche endlich zu öffnen. Doch diese war schon zum Platzen voll. Am 13. September 1980 krachte das Geländer der Samariterkirche unter dem Druck der Massen um und es war großes Glück, dass niemand dabei verletzt wurde.
Mehr Platz in Lichtenberg
Ab November 1980 fanden die Blues-Messen in der Lichtenberger Erlöserkirche statt, weil sich dort auch ein großes kirchliches Freigelände befindet. Die Staatsicherheit schnitt jede Veranstaltung mit und entwarf Szenarien, wie man die Blues-Messen verbieten könne. Doch vermieden es die Funktionäre offen vorzugehen, denn die Kirche sah die Blues-Messen als legitime Form ihrer Jugendarbeit an. Doch gelang es den Funktionären über die Jahre durch Gespräche, Androhungen und Versprechungen bei verschiedenen kirchlichen Gesprächspartnern, immer mehr Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung zu gewinnen. Die Spielszenen verloren ihren Biss und immer weniger Jugendliche kamen. 1986 hatten die Punks die langhaarigen Blueser als Protestgeneration abgelöst. Insgeamt waren es bis 1986, zum Ende dieser Veranstaltung, 20 Blues-Messen mit 48 Durchläufen und 50.000 Besuchern.