Theater-Blumenstrasse-9-Friedrichshain-1856-Berlin-Quelle: Berliner Leben, Erinnerungen und Berichte, Rütten & Loening, 1954

Theater und Krawalle in der Blumenstraße

Blumenstrasse WallnerTheater 184 Programmzettel aus Berliner Leben (1954) Erinnerungen und Berichte
Programmzettel des Wallner Theaters in der Blumenstraße

Mehr als nur Theater

Neben Generälen kamen auch Theaterfreunde in die Gärten. 1790 bauten sie sich ein kleines Vereinshaus, das „Thalia“. Bürger, wie Direktor Bellermann vom Berlinischen Gymnasium zum Grauen Kloster, erwirkten die Umbenennung des Lehmweges in Blumenstraße. Vom 18. August 1816 an lag das Thalia an der Blumenstraße 9b. Allerdings ging der Eingang zum Grünen Weg. Da die Fassade des Kunsttempels grün gehalten war, dazu grüne Laternen schummriges Licht spendeten, sprach man oft von der „Jrienen Neune“ anstatt vom „Thalia“. Malchen, Tochter des Tischlermeisters Sulke aus der Scharrenstraße, liebte das Thalia. Als Malchens Mama vorbeischaute, sah sie, wie in den Theaterpausen junge Pärchen unter Bäumen oder hinter Hecken verschwanden. Mama schlug ihre Hände über dem Kopf zusammen und gebar ein: „Ach du jriene Neune!“.
Nicht nur zarte Bande lockten Jugend in die Blumenstraße. Georg Friedrich Hegel, Jacob Grimm oder Friedrich August Wolf, der verkündete: „Der letzte Zweck des Daseins ist die Bildung der Individualität“, waren Zuhörer von Freiluftkonzerten. In der Blumenstraße Nr. 27 traf Schneidergeselle Friedrich Mentel auf Vertraute des frühsozialistischen „Bundes der Gerechten“. Was hier besprochen wurde, fand auf der Bühne der „Jrienen Neune“ in satirischen Gesangspossen ihren Widerhall. Der demokratische Schriftsteller Adolph Glasbrenner gehörte zu den Stammautoren des Hauses, genauso wie der als unmoralisch verschriene Heinrich Laube oder Eduard von Bauernfeld, der sich mit sarkastischen Texten gegen die Zensur wehrte. Das Haus war jetzt ein „Theater in Concordia“ (in Eintracht). Nach 1848 wurde es unter dem Kapellmeister August Conradi zum Königsstädtischen Vaudeville-Theater. Gemeint war eine Mischung aus Posse, Melodram, Singspiel und Pantomime. 1855 übernahm Franz Wallner das Haus. Der Schauspieler und Schriftsteller führte es als Wallner-Theater von 1858 bis 1872. Danach wurde die „Grüne Neun“ zum Königsstädtischen Theater.

2 Gedanken zu „Theater und Krawalle in der Blumenstraße“

  1. Anmerkung zum Text “Das Haus war jetzt ein „Theater in Concordia“ (in Eintracht). Nach 1848 wurde es unter dem Kapellmeister August Conradi zum Königsstädtischen Vaudeville-Theater. Gemeint war eine Mischung aus Posse, Melodram, Singspiel und Pantomime.”

    Laut Berliner Adressbüchern war das Ges. Theater Concordia noch bis 1855 in der Blumenstraße. Erst dann eröffnete Rudolf Cerf das Königsstädtische Vaudeville-Theater, das dann ab 1858 Wallner-Theater hieß.

  2. Wirklich sehr interessant die Geschichte dieser Strasse.
    Mein Urgrossvater E. Krüger wohnte 1900 mit seiner Familie
    auch dort, bevor er 1934 in das noch grünere Köpenick zog.
    Leider gibt es die St. Andreas Kirche am Stralauer Platz nicht
    mehr, es war das Tauf- und Konfirmationsgotteshaus meiner
    Ahnen. Die noch vorhandenen Glocken konnte ich vom Turm der
    Stadtkirche in Sonneberg in Thüringen hören.
    Gruss von Renate aus München und Potsdam

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