Theater-Blumenstrasse-9-Friedrichshain-1856-Berlin-Quelle: Berliner Leben, Erinnerungen und Berichte, Rütten & Loening, 1954

Theater und Krawalle in der Blumenstraße

Blumenstrassenkrawall in Friedrichshain

Der laute Jammer von Unglücklichen – der „Blumenstraßenkrawall“

Wegen der Wohnsitzlosigkeit ihrer Angehörigen nahmen sich zwei Familienväter am 2. April 1872 das Leben. Um 7 Uhr des 26. Juli 1872 wollten Polizisten eine Kellerwohnung in der Blumenstraße 51c räumen. Die Nachbarn protestierten, bald flogen Steine, um 9 Uhr ging berittene Polizei mit Knüppeln gegen Bewohner der umliegenden Straßen vor. Bis in die Nacht zum 27. Juli tobten Straßenkämpfe, die sich steigerten, als Polizeikommandos begannen, Baracken der Obdachlosen vor dem Frankfurter Tor abzureißen. Kinder und alte Menschen erlitten durch Hiebe von Polizeisäbeln schwere Verletzungen. Das hatte den Bau einer Barrikade aus Rinnsteinbohlen und Pflastersteinen an der Ecke Blumen-und Krautstraße zur Folge. Als die Polizisten in der Krautstraße einen Droschkenhof stürmten, hagelte es Steine und Flaschen. Fast 1.000 Beamte waren jetzt im Gebiet. Zwei Bataillone des Kaiser-Alexander-Garde-Grenadier-Regiments und zwei Schwadrone des 2. Garde-Dragoner-Regiments standen zum Ausmarsch bereit. Davon unbeeindruckt gelang es Demonstranten, ein Polizeirevier in der Blumenstraße zu stürmen, sowie drei Barrikaden am Grünen Weg und am Küstriner Platz aufzubauen. Über 1.000 Personen stürmten das Haus eines verhassten Hauswirts. Erst als die Polizei vom Garde-Dragoner-Regiment Unterstützung bekam, flauten die Kämpfe am 29. Juli ab. 159 Arbeiter wurden durch Säbel der Polizei und des Militärs verletzt; unter ihnen gab es 102 Opfer. Doch Barackenbau und Barackensturm wechselten sich weiterhin ab. Über den letzten Barackensturm am 28. August 1873 berichtete der „Neue Social-Demokrat“, dass sich ein Arbeiter mit dem Beil zur Wehr setzte. „Er wurde gepackt und solange festgehalten, bis seine Baracke zertrümmert war. Als man ihn losließ, brach er in ein verzweifeltes Lachen aus, lief auf die Trümmer zu und pflanzte eine rote Fahne auf.“

2 Gedanken zu „Theater und Krawalle in der Blumenstraße“

  1. Anmerkung zum Text “Das Haus war jetzt ein „Theater in Concordia“ (in Eintracht). Nach 1848 wurde es unter dem Kapellmeister August Conradi zum Königsstädtischen Vaudeville-Theater. Gemeint war eine Mischung aus Posse, Melodram, Singspiel und Pantomime.”

    Laut Berliner Adressbüchern war das Ges. Theater Concordia noch bis 1855 in der Blumenstraße. Erst dann eröffnete Rudolf Cerf das Königsstädtische Vaudeville-Theater, das dann ab 1858 Wallner-Theater hieß.

  2. Wirklich sehr interessant die Geschichte dieser Strasse.
    Mein Urgrossvater E. Krüger wohnte 1900 mit seiner Familie
    auch dort, bevor er 1934 in das noch grünere Köpenick zog.
    Leider gibt es die St. Andreas Kirche am Stralauer Platz nicht
    mehr, es war das Tauf- und Konfirmationsgotteshaus meiner
    Ahnen. Die noch vorhandenen Glocken konnte ich vom Turm der
    Stadtkirche in Sonneberg in Thüringen hören.
    Gruss von Renate aus München und Potsdam

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