Der Friedrichshainer Händler Heinrich Ackermann.
Von Lutz Wunder.
Heinrich Paul Gottfried Ackermann kam am 3. März 1882 in Straupitz, Kreis Lübben, im Spreewald als viertes Kind einer Häuslerfamilie zur Welt. Die wirtschaftliche Lage in der Niederlausitz war bedrückend, Heinrich war der dritte Sohn der Familie, der den Ort verließ. Er ging nach Berlin und eröffnete dort 1908 in der Kronprinzenstraße 5 (heute Jessnerstraße) im damaligen Friedrichsberg eine Butterhandlung. Er war wohl von Anbeginn seiner Tätigkeit ein geschickter Kaufmann, denn schon im Jahre 1910 führte er fünf Filialen: neben dem Geschäft in der Kronprinzenstraße eins in der Holteistraße / Ecke Weserstraße, in der Neuen Bahnhofstraße 26a, in der Sonntagstraße 29 und in der Türrschmidtstraße 1 in Rummelsburg. Er selbst wohnte zu diesem Zeitpunkt in der Sonntagstraße 29. Die Gegend war zu diesem Zeitpunkt eines der am schnellsten wachsendsten Kieze in Berlin mit den bekannten Berliner Mietskasernen und dem sogenannten „Zille-Miljöh“.
Erfolgreiches Geschäftsmodell
Im Verlaufe der Jahre stieg die Zahl der Geschäfte immer weiter an. Dabei blieb er immer seinem Firmenprofil „Butterhandlung“ treu und in der Regel auch seinem territorialen Geschäftsfeld. Ob seine Geschäfte von den sogenannten Butterkrawallen 1915 betroffen waren, ließ sich bisher nicht feststellen. Im Jahre 1909 heiratete Heinrich Emma Emilie Siewert aus dem Kreis Königsberg in der Neumark in Lichtenberg. In den zwanziger Jahren erwarb er für sich eine Wohnung im Penthousestil mit großer Dachterrasse im Eckhaus Rigaer Straße 56a / Pettenkofer Str. 4a, gleich an der damaligen Ringbahn-Markthalle. Die Ehe blieb kinderlos. Heinrich spielte aber sehr gern mit den Kindern der verwandten Familien. Sein Familiensinn äußerte sich auch darin, dass er häufig als Trauzeuge bei Familienhochzeiten auftrat. Er sah sich auch gern als Familienmittelpunkt, lebte gutbürgerlich mit einem Hang für bestes Essen. Ab 1931 bewirtschaftete er zwei weitere Mietshäuser mit Remisen und Stallungen auf den Hinterhöfen in der Scharnweberstraße 60/60a. In den Vorderhäusern wohnten Firmenangestellte und in den Hinterhöfen waren Pferdeställe, Warenlager und die Garagen für die Pferdegespanne untergebracht. Heinrich selbst fuhr ab den dreißiger Jahren früh in einem 6-sitzigen Fiat F5 seine Geschäfte zur Kontrolle ab. Um 1930 umfasste die Firma ca. 30 Filialen.
Früh an die Aufteilung des Vermögens gedacht
Seine Firma wurde als Kommanditgesellschaft mbH geführt. In seinem Testament von 1940 regelte er sehr genau und akkurat die Weiterführung seiner Firma nach seinem eventuellem Ableben und legte auch die Aufteilung der Eigentumsobjekte in der Gürtelstraße 17a, der Scharnweberstraße 60/60a und der Geusenstraße 14 in Rummelsburg sowie seines Barvermögens in Höhe von 200.000 Reichsmark fest. Dabei wurde auch festgelegt, dass den Angestellten der Firma im Falle seines Todes der Betrag von 3.000 Reichsmark im Verhältnis ihres Dienstalters in Anerkennung ihrer für seine Firma geleisteten Arbeit als besondere Vergütung zur Auszahlung ausgezahlt werde. Zu Haupterben wurden sein Neffe Walter Ackermann und seine Ehefrau benannt. Zur Arbeit wurden viele Familienangehörige in den Filialen eingesetzt. Dabei wurde ihnen beispielsweise bei längeren Anfahrtswegen zu den Geschäften kein Fahrgeld bezahlt. Heinrich lud aber die Familienangehörigen zu den verschiedenen Festtagen im Jahr zu gemeinsamen Feiern ein.
Als Heinrich 1942 im St. Hedwigs-Krankenhaus an Arteriosklerose und Sepsis starb, wurde er in einer Erbbegräbnisstelle auf dem heute stillgelegten Friedhof Gotlindestraße / Ecke Plonzstraße in Lichtenberg beerdigt. Im Jahr 1947 starb dann auch seine Ehefrau. Die Grabanlage ist heute noch vorhanden. Die Firma hat im Sommer 1946 noch bestanden. Noch im März / April 1945, kurz vor Betriebsende aller Banken in Berlin, wurden auf das Firmenkonto 57.540 Reichsmark eingezahlt. Das weitere Schicksal der Firma ist unbekannt. Der Erbe Walter Ackermann ist 1956 verstorben.