Moderne Filialen
1896 nahm die Spiritusfabrik von Hermann Meyer in der Fruchtstraße 74 ihre Arbeit auf. Für die Herstellung von Farben und Essenzen war Spiritus ein Grundstoff und war auch Kraftstoff für Motoren und Lampen. Nach Friedrich Engels gehörte Hermann Meyer zu den „Schnapsjunkern“, denn die Kartoffeln – Grundlage für den Spiritus – wuchsen auf den Feldern des konservativen Landadels. Meyer gründete zum Vertrieb seiner Produkte ein Filialsystem. 30 Mark Fixum gab es neben der Provision. Zu jedem Laden gehörte eine kleine, für Familien mietfreie Wohnung. Meistens bedienten die Frauen den Tresen, wenn es hieß: „Jeh mal zu Meyer und hol mir ne Pulle Kümmel“.
Losungen
1907 wurde Hermann Meyer & Co. zu einer in Tochtergesellschaften aufgeteilten Aktiengesellschaft. Für Vertriebsangelegenheiten im Osten von Berlin war jetzt die „Östliche Wein- und Likörgesellschaft“ in der Wallnertheaterstraße 9 zuständig. In Anspielung auf eine Paul-Linke-Revue im Metropol-Theater, brachte Meyer 1908 die Schnapsmarke „Donnerwetter tadellos“ heraus. 1909 rief die SPD mit der Losung: „Der trinkende Arbeiter denkt nicht, der denkende Arbeiter trinkt nicht“ zum Schnapsboykott auf. Hintergrund war, dass die Konsumsteuern zur Finanzierung der Militärrüstung erhöht werden sollten. Der Spiritusbedarf für die Chemieindustrie war im Ersten Weltkrieg riesig und bescherte der Meyer AG große Gewinne. Allerdings, in der Fruchtstraße 79 wurde Kohlrübenmarmelade hergestellt.
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