Freiraum im Humboldthain
von Steffen Maria Strietzel
Die Karawane zieht weiter. Letzte Brachen werden geordnet, Freiflächen geschlossen. Investoren suchen Bauland und auch Berlin sucht intensiv nach Flächen für den propagierten Neubau von Wohnraum, obwohl noch leerstehender Raum zur Verfügung steht. Die ehemalige Stasi-Zentrale sei als Beispiel genannt.
Die Burg an der Panke
Begehrlichkeiten weckt die Wiesenburg nahe des S-Bahnhofs Humboldthain im Wedding. 1895/96 wurde es als Obdachlosen-Asyl für 700 Männer gebaut und 1907 für 400 Frauen erweitert, 1945 zum großen Teil zerstört, bietet das Areal heute eine beeindruckende Mischung aus dem morbiden Charme der Ruinen und der sich ihren Raum zurückerobernden Natur. In die Idylle an der Panke zogen mit der Zeit Menschen verschiedenster Art. Temporäre Kunst, zeitweilige Bars, eine Begegnungsstätte eigener Art entstand, Tänzer, Bildhauer und Beleuchtungskünstler haben Ateliers eingerichtet. Nun ist das Gelände vom Land Berlin an die Wohnungsbaugesellschaft degewo übertragen worden. Ordnung und staatlich gelenkte Regeln ziehen ein. Zum Wohle der Besucher werden Bauordung und Brandschutz vorgehalten, doch das eigentliche Ziel ist die umsatzfeindliche anarchische Lebendigkeit der hiesigen Projekte. Aber benötigt Berlin nicht langsam wieder solche Freiräume?