oder: Unerwartete Einblicke in das Leben eines hohen Regierungsbeamten
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Kennen Sie die Hahnstraße? Wohl nur ältere Friedrichshainer werden sich an die kurze, ein paar Dutzend Meter lange Straße erinnern, die einst die Boxhagener Straße mit dem Wühlischplatz zwischen Holtei- und Gryphiusstraße verband. Zu unbedeutend, um im Hobrecht-Plan von 1862 Erwähnung zu finden, ist sie erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts tatsächlich auf Karten nachweisbar. Wann die Straße durch das Grundstück angelegt wurde, ist nicht ganz klar. 1906 fehlte sie noch.
Im Berliner Adressbuch ist sie seit 1914 nachgewiesen. Das Gelände in der Nähe des seit dem Mittelalter bestehenden Vorwerks Boxhagen war in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts fast noch unbebaut. In der Hahnstraße selbst wurde bis Ende des Zweiten Weltkriegs nie ein Haus errichtet. Allenfalls die Erlaubnis zur Errichtung eines Kioskes im Jahr 1927 lässt sich in den Archiven nachweisen. Dabei wurde die Hahnstraße versehentlich als Hahnpromenade bezeichnet. Wer braucht eine Straße, in der keiner wohnt, die so nahe an den Hinterhäusern der Parallelstraßen verläuft, dass eine Bebauung mit Wohnhäusern bedenklich ist? „Licht, Luft, Sonne!“, so lautete der Ruf der Stadtplaner seit 1919 und besonders nach 1945, als man daran ging, Wohnungen nicht mehr als Ware anzusehen, mit der man Geld verdienen kann. Die Straße blieb unbebaut und wurde 1971 umgenutzt, indem der Magistrat der DDR-Hauptstadt quer über die Straßenführung der Hahnstraße die heutige Zilleschule samt Schulhof und Sporthalle errichtete. Heutzutage hätte man sie bedenkenlos mit Wohnungen zugebaut.