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Finanziell auf eigenen Füßen
„Wir haben alle unseren Brotberuf“, antwortet Nikola. „Von der Theaterarbeit können wir leider nicht leben.“ Und Robert ergänzt: „Wir haben insgesamt über das ganze Jahr eine Auslastung von 50 Prozent. Das ist nicht wenig. Sechzig Zuschauer passen rein“, setzt er hinzu. „Wobei bei fünfzig Personen schon ein Stand erreicht ist, bei dem der Sauerstoff in der Luft etwas dünn wird“, unterbricht Nikola. Die ersten Aufführungen von „Amphitryon“ nach Heinrich von Kleist, das Lena Liedtke Anfang März auf die Bühne brachte, waren ausverkauft. „Wir sind eine kontinuierlich bespielte Spielstätte, die sich selbst trägt“, resümiert Robert nicht ohne Stolz. Das ist nicht selbstverständlich. Auch die kleinen, unabhängigen Theater müssen Tantiemen für Aufführungsrechte zahlen. „Je Aufführung zahlt man da um die 65 Euro“, erläutert Robert. „Auch die Verlage lassen es sich etwas kosten. Dramatisierte Texte bekommt man oft nur rollenweise. Für jede Rolle muss man extra bezahlen“, fügt Nikola hinzu. „Und manchmal stellt sich heraus, dass die Übersetzungen nicht gut genug sind und neu bearbeitet werden müssen.“
Solide Ausbildung und viel Arbeit
„Ich habe schon immer Theater gespielt“, erzählt Nikola, „in der Schule, immer wenn die Möglichkeit bestand“. Sie studierte zügig Germanistik, Publizistik und Theaterwissenschaft und war im Alter von 25 Jahren fertig. „Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie sie mich Anfang der 1990er im Arbeitsamt angesehen haben, als ich mit meinem Diplom aufkreuzte. Man empfahl mir, erst mal etwas zu lernen. Also wurde ich dann auch noch Schauspielerin. Es ist schwierig als Frau, von dem Beruf zu leben, denn die klassischen Stücke verlangen immer mehr Männerrollen. Ein Leben von der Hand in den Mund.“ Zum „Theater der Letzten“ kam sie mit dem Stück „Die Reichsgründer oder das Schmürz“ von Boris Vian. „Eine böse Satire“, kommentiert sie. Damals trat die Gruppe an verschiedenen Orten wie das ACUD am Weinbergsweg oder in der Kulturfabrik in der Lehrter Straße auf. Robert studierte Theaterwissenschaft und ist im Begriff, den Master dranzuhängen.
Passieren nicht auch mal komische Sachen? „Wie man’s nimmt“, erwidert Nikola. „Am Tag der Premiere von ‚Acht Frauen‘, einem Stück nach Robert Thomas, bei dem ich Regie führte, waren unsere Klosetts kaputt. Fast ein Jahr arbeitet man auf diesen Termin hin, und dann das! Wir durften bei einem türkischen Restaurant vis à vis über die Allee aufs Klo gehen. In der Pause rannten alle Schauspielerinnen zusammen in ihren Kostümen über die Straße. Das war ein tolles Bild.“ Sie fügt hinzu: „Schon damals sagte ich: ‚Irgendwann wirst du drüber lachen können‘, und so ist es jetzt auch.“ Auch neue Formate werden im TVW ausprobiert. So findet jeden zweiten Mittwoch im Monat das Pubquiz im Foyer statt und erfreut sich großer Beliebtheit. Aufgrund der Corona-Pandemie hatte das Theater mit der szenischen Lesung „Bitte noch was von Rossini“ unter der Regie von Thomas Rau am 13. April seine erste digitale Premiere, gefolgt von der Onlinepremiere des Theaterstücks „Hölle des Wahnsinns“ am 24. April als Film – ein Zusammenschnitt der Aufführungen von Mai 2019. Zudem feierte am 8. Mai die Stop-Motion-Produktion „Ein Sommernachtsräumchen“ von Lena Liedtke und ihrem Amphitryon-Ensemble Premiere. „Aber wir freuen uns natürlich, wenn wir bald wieder real auf der Bühne stehen und das Publikum begrüßen können“, betont Robert Walter.
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