Straßmannstraße in Berlin-Friedrichshain| Foto: Silvio Weiß

Laubenstadt und Möbel

 

haustür in der Straßmannstraße in Berlin-Friedrichshain| Foto: Silvio Weiß
Vermutlich durch genau diese Haustür der Straßmannstraße 13 wurden die Möbel der Familie Stenzel an- und abtransportiert. / Foto: Silvio Weiß /

Rechnungen

Mai 1945. Die Tür zur Wohnung von Alfred Stenzel in der Straßmannstraße 13 wurde aufgestoßen. Männer in abgetragenen Anzügen durchsuchten Schränke und Schubladen. Sie fanden einen SA-Mantel, Stempel der Standarte 5, Briefköpfe der NS-Partei mit Briefen, Geländekarten und sehr viel NS-Literatur. Stenzel war dafür verantwortlich, dass einige seiner Nachbarn ins KZ kamen. Jetzt war er spurlos verschwunden. Er war ein SA-Obersturmführer, und weil er schon vor 1933 in Berlin als NS-Mitglied aktiv war, ein „Träger des Blutordens“. In Friedrichshain wurde am 19. November 1922 die „Großdeutsche Arbeiterpartei“ als erste Berliner NS-Partei gegründet. Deren Ziele waren die „Abschaffung des Arbeitsloseneinkommens“ und die „Gewinnbeteiligung an Großbetrieben“. Über den „Zentralverband der Arbeitslosen“, versuchte die Partei Mitglieder zu gewinnen, indem sie Einladungsflugblätter herausgab. Sie ähnelten in Form und Farbe denen der KPD. Auf die Gründung des „Reichsbund völkischer Kampfgewerkschaften“ im Frühjahr 1924 folgte jene des „Nationalsozialistischen Arbeiterkampfbundes“ des Drehers Johannes Engel. Dieser saß im Betriebsrat der Knorrbremse. Das älteste Partei- und Sturmlokal der NSDAP in Friedrichshain war das „Kegler-Heim“ des „Sturm 34“ in der Boxhagener Straße, das 1933 als wildes KZ diente. NS-Gegner waren hier gefangen und gefoltert worden. Für seine „Verdienste“ empfing Stenzel 1938 das „Goldene Parteiabzeichen“. Im gleichen Jahr wurde die Straßmannstraße wegen der jüdischen Abstammung Straßmanns in „Ermeler Straße“ umbenannt. Hatte Stenzel noch im April 1945 auf Geheim- und Vergeltungswaffen gehofft, setzte er sich im Chaos der letzten Kriegstage „nach Westen“ ab.

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