Auch die Gegenwart ist wichtig
Die Geschichte von Crossroads wiederum nimmt ihren Anfang in Köln am Rhein. Dort existiert seit März 1989 die AntoniterCityTours, eine alternative Stadtführungsagentur, als Teil der Stadtarbeit der evangelischen Antonitergemeinde. Von dort brachte Bertold Höcker diese Idee mit, als er 2009 in Berlin-Mitte als Superintendent eingesetzt wurde.
„Zweifellos gibt es auch in Berlin gute Stadtführer, die Kirche hervorragend erklären können und ihre Rolle in der Geschichte kritisch zu würdigen wissen. Aber warum lassen wir uns das als Kirche aus der Hand nehmen?“ Eine Stelle wurde ausgeschrieben. Antje hatte nach zehn Jahren Berliner Dom Lust auf etwas Neues und warf ihren Hut in den Ring – mit Erfolg.
„Ich sollte einfach loslegen“, berichtet Antje, die über Ihren Chef nicht klagen kann. „Bertold Höcker sagte mir: ,Die Richtung stimmt, dann gehen Sie mal los. Das ist schon richtig so.‘“
Sind denn die Inhalte der Führungen besonders christlich? Antje denkt einen Moment nach. „Natürlich vertreten wir als Kirche auch Werte“, erklärt sie. „Doch es geht keineswegs darum, Leute für den Glauben oder gar für die evangelische Kirche zu gewinnen.“ Es geht darum, Sensibilität für wichtige Teile der Berliner Geschichte zu entwickeln, die andere Stadtführungen nicht im Programm haben. „Vor allem aber wollen wir auch einen wichtigen Teil der Gegenwart unserer Stadt erklären.“ Das hängt auch mit dem besonderen Interesse des Kundenkreises zusammen. „Unsere Teilnehmenden interessiert nicht nur die Geschichte der Kirchen, sondern sie fragen auch danach, was die Gemeinden heute machen.“
Aus diesem Grund bietet Crossroads auch interkonfessionelle Führungen durch Kreuzberg und Neukölln durch Muslime an. „Und auf dem Friedhof am Halleschen Tor gehen wir natürlich auch zu Chamissos Grab. Aber wir besuchen ebenso den Gedenkort, wo den verstorbenen Obdachlosen aus Berlin ein würdiges Begräbnis gegeben wird.“ Auch die Ärmsten sind Teil dieser Stadt.
Friedrichshain ist mit seiner Arbeiter- und Revolutionsgeschichte vertreten. Eine gern gebuchte Führung in diesem Stadtteil führt unter dem Namen „Beten und Bier“ an Kirchen, Friedhöfen und ehemaligen Brauereien entlang. Auch Stralau gehört zum Angebot. Wichtig ist, die Stadt in ihrer Vielfältigkeit zu erschließen. Und genau das steckt hinter dem Motto: „Berlin mit anderen Augen“. „Das trifft auch für mich zu“, erläutert Antje Zimmermann. „Seit ich diese Agentur leite, sehe auch ich Berlin mit ganz anderen Augen.“ Dies geht offenbar auch Menschen so, die nicht religiös sind. Mehr als die Hälfte der von Crossroads geführten Gruppen im letzten Jahr hatten keinen kirchlichen Hintergrund.