Soziale und politische Gewalt
Lange bestimmten Gewalt und Prostitution den Alltag am Andreasplatz. Am 29. März 1884 ermordete der Schuhmacher Franz Gronack am Andreasplatz 3 im Streit seine Frau, deren Schwester, seine Tochter und den zur Hilfe eilenden Tabakfabrikanten Schröter. Grausige Schlagzeilen gab es 1921 über Karl Grossmann, der am Andreasplatz einen Wurstimbiss unterhielt. Hier sprach er alleinstehende, oft zugereiste, in Berlin ihr Glück suchende Frauen an. Zwischen 1918 und 1921 wurden in der Umgebung vom Schlesischen Bahnhof 23 zerstückelte Frauenleichen aufgefunden. Karl Grossmann gehörte zu den Verdächtigen und konnte am 21. August 1921 auf frischer Tat festgenommen werden. Doch nur drei Morde wurden ihm nachgewiesen.
In den späten 20er und frühen 30er Jahren folgten tätliche Auseinandersetzungen zwischen dem 1931 gegründeten SA-Sturm am Andreasplatz und seinen Gegenern.
Widerstand gegen das NS-Regime
Am 19. Februar 1933 lieferten sich SA-Männer mit den Teilnehmern des letzten großen SPD-nahen „Reichsbanner“-Aufmarsches eine Straßenschlacht. Die Reichsbannermänner wurden in SA-Lokale verschleppt und dort misshandelt.
Zum Ende der NS-Diktatur traten junge Anwohner, wie Anselm Küchenmeister mit seinen Freunden Heinz Klingbeil und Horst Burscher in Aktion. Aufgrund ihrer Kriegserlebnisse schrieben sie an Häuserwände rund um den Andreasplatz, wie zum Beispiel an die Mauern des Kino „Concordia“ in der Andreasstraße 64: „Nieder mit Hitler! Schluss mit dem Krieg!“ Auf einem Ruinengrundstück versteckten sie den 19-jährigen desertierten Soldaten Anton Höckendorf.
Anselm war der Sohn von Anni und Walter Küchenmeister. Walter gehörte der Gruppe um Schulze-Boysen und Harnack an und wurde 1943 hingerichtet, im Mai 1944 verlor Anselm seine Mutter durch einen Bombenangriff. Durch Verrat flog die kleine Gruppe um Anselm Küchenmeister im Sommer 1944 auf, Anton Höckendorf kam in ein Strafbataillon, die anderen in Jugenderziehungs- und Arbeitslager. Alle überlebten das Kriegsende.