
Die Kneipe als Ort der Arbeitermacht
Aufgrund der Sozialistengesetze durften sich die Arbeiter nur in privaten Räumen wie eben den Kneipen, von denen manche zu „Parteilokalen“ aufstiegen, treffen. Biertrinken wurde „politisch“. Hunderte Brauereiarbeiter, die an der Maifeier von 1894 teilgenommen hatten, wurden ausgesperrt. Der Sozialdemokrat Paul Singer rief daraufhin am 11. Mai 1894 zum „Bierboycott“ gegen die Biermarken jener Brauereien auf, die die Arbeiter ausgesperrt hatten. „Nur bei Wirten sollten Festlichkeiten abgehalten werden, die kein boykottiertes Bier ausschenken und ihren Saal den Arbeitern frei geben“, forderte Singer. Die Wirte wurden daraufhin von mit Konsumgenossenschaften liierten Brauereien beliefert. Angemeldete Festlichkeiten wurden sofort abbestellt bei den Wirten, die sich nicht an den Boykott hielten. Erst als das Silvestergeschäft bedroht war, lenkten die Brauereien ein, erhöhten Löhne und stellten Entlassene wieder ein.