Fenster aus einem jüdischen Gebetraum | Quelle: FHXB-Museum

Ärzte ohne Recht

Jüdische Ärzte in Berlin: Alfred Wolff-Eisner | Foto: U.S. National Library of Medicine
Der Arzt und Forscher Alfred Wolff-Eisner / Foto: U.S. National Library of Medicine /

Nackte Zahlen

Während der Pogromnacht des 9. November 1938 wurden die ersten Friedrichshainer Juden verhaftet und in das KZ Sachsenhausen verbracht. Viele der durch Deportation freigewordenen Wohnungen lagen in der Barnimstraße, der Friedenstraße oder der Palisadenstraße. Die Große Frankfurter Straße war der Sitz von über 110 jüdischen Firmen, von denen es um die 550 im Bezirk gab. Über 10 Prozent der wohlhabenden jüdischen Bürger lebten im Umfeld der Großen Frankfurter Straße.
Infolge der ersten Massendeportation vom 18. Oktober 1940 kamen 114 jüdische Friedrichshainer ins KZ nach Lodz. Danach über 2.049 in die Lager von Kowno, Minsk oder nach Riga, wie der drei Monate alte Uri Rubenzik aus der Neuen Königstraße 76 (Otto Braun Straße) am 14. Dezember 1942. Seine Mutter Edith starb im Juni 1943 in Auschwitz, der Vater Alfred gilt mit seinem Sohn als verschollen. Am 27. und 28. Februar 1943 wurden die letzten Berliner Juden im Rahmen der „Fabrikaktion“ verhaftet und deportiert, und über 590 Friedrichshainerinnen und Friedrichshainer wurden zwischen dem 1. und 12. März 1943 in den Gaskammern von Auschwitz ermordet. Mit dem Deportationsbefehl in der Hand schieden die Eheleute Rosalie und Georg Kupfer (78 und 76 Jahre alt) aus der Langen Straße 6 am 30. Januar 1942 „freiwillig“ aus dem Leben, wie auch am 22. Januar 1942 Meta und Abraham Wolff (63 und 60 Jahre alt) aus der Warschauer Straße 5.
Im August 1945 zählte die jüdische Gemeinde 210 Überlebende aus Friedrichshain. Vor der NS-Zeit waren die Friedrichshainer Juden weltlich eingestellt und verfügten abgesehen von einzelnen Gebetsräumen weder über einen eigenen Rabbiner noch über eine Synagoge.

Forschen, um zu überleben

Dora Elias aus der Barnimstraße 31 war 91 Jahre alt, als sie am 17. März 1943 ins KZ Theresienstadt kam. Dort wurde sie eine der Patientinnen von Alfred Wolff-Eisner, selbst jüdischer Abstammung, der Chefarzt der Inneren Abteilung des größten Lagerkrankenhauses war.
Während des ersten Weltkrieges war er Chefarzt eines Seuchenlazarettes, danach bis 1931 Chefarzt am Friedrichshainer Krankenhaus und Professor für Innere Medizin an der Berliner Universität. Die Ergebnisse seiner Forschungen veröffentlichte er in Handbüchern zur Serum- und Chemotherapie, die grundlegend wurden. 1946 ging er völlig mittellos nach München, wo er 1946 Chefarzt der Inneren Abteilung des „Displaced Hospital“ wurde. 1947 wurde er als Professor für Innere Medizin an der Münchener Universität mit einem Lehrauftrag für klinische Serologie geehrt.
Er starb am 29. März 1948 in München. 1947 veröffentlichte er seine Erfahrungen als jüdischer Arzt im KZ: „In Theresienstadt wurde ziemlich viel ärztlich gearbeitet und es bestand sogar ein reges wissenschaftliches „Vereinsleben“ – in den Sitzungen wurde Vieles und Interessantes mitgeteilt, aber davon nichts protokolliert, gesammelt oder in irgendeiner Weise veröffentlicht. Da fast alle diese wissenschaftlich arbeitenden Ärzte spontan gestorben oder ins Gas gekommen sind, so sind alle diese wichtigen Arbeiten als verloren zu bezeichnen.“

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