Schriftstellerin und Kulturmanagerin.
Frauen bekommen in der Geschichte oft nur einen Platz zugewiesen, auf dem ihre tatsächlichen Leistungen kaum zur Geltung kommen. Dies traf lange Zeit auch auf Margarete Steffin zu, die viele Jahre lang vollkommen ungerechtfertigt nur als eine von Bertolt Brechts Musen angesehen wurde. Doch ihre Geschichte wird inzwischen anders erzählt.
Proletarisches Milieu
Als Johanna Steffin die Hauswartstelle in der Weserstraße 15 übernahm, dachte sie zuerst an den Zuverdienst, aber auch daran, mehr Zeit für die Erziehung ihrer beiden Töchter Margarete und Herta zu haben. Sie wurden in die Arbeit mit eingespannt. Ihr Mann August war keine große Hilfe. Er verdiente als Hucker – das waren Männer, die auf ihren Schultern die Ziegelsteine zu den Maurern auf die im Bau befindlichen Häuser hochtrugen – nur sehr wenig. Oft saß er bis nach Mitternacht in seiner Stammkneipe in der Scharnweberstraße und gab nur wenig Haushaltsgeld ab. Zu Hause waren sie gleich nebenan, hergezogen aus Rummelsburg am Viktoriaplatz, heute Tuchollaplatz. Die 1908 in Rummelsburg geborene Margarete war sehr begabt. Sie lernte schnell und hatte Talent im Rezitieren und Vorspielen, was sie bereits als Kind bei sonntäglichen Ausflügen nach Stralau bewies, wo sie sich auf einer Bühne ausprobierte. Aber sie schrieb auch eigene Texte wie ein gereimtes Theaterstück, das in drei Schulen aufgeführt wurde. Die Lehrer rieten dringend, ihr eine höhere Schulbildung zu ermöglichen und das Mädchen auf ein Lyzeum zu geben. Doch der Vater war dagegen. Er wollte nicht, dass sich seine Tochter als Intellektuelle von ihrer Klasse entfremdet. Noch Jahre später bezeichnete Margarete Steffin diese Zurückstellung als die größte Enttäuschung ihres Lebens. Sie wurde mit 14 Jahren Laufmädchen bei den Deutschen Telefonwerken, 1924 begann sie beim Globus-Verlag eine Lehre als Kontoristin. Dennoch nutzte Margarete die Möglichkeiten, die Arbeitern zur Verfügung stand, um sich fortzubilden – gegen den Willen ihres Vaters. In der Arbeiterkulturbewegung bekam sie auch Kontakt zum Turnverein Fichte, engagierte sich in dessen Sprechchor und trat ab 1931 in Roten Revuen auf.