Eine neue Stadt für neue Menschen
Zum 20. Jahrestag der DDR 1969 wurde ein weitgehender Um- und Neubau des Ostberliner Stadtzentrums vorgenommen. Das Verlagsgebäude der Berliner Zeitung und das Gebäude des Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienstes sollten an der Verlängerung der Prenzlauer Allee am Alexanderplatz errichtet werden. Der Verlagsdirektor des Berliner Verlages, Rudolf Barbarino schlug vor, dieses Teilstück in „Franz-Mehring-Straße“ zu benennen. Barbarino führte an: „daß es in Westberlin einen Franz-Mehring-Damm gibt, daß aber das eigentliche Vermächtnis Franz Mehrings in unseren Händen liegt!“. Jedoch, von der SED-Führung war hierfür schon der Karl Liebknecht vorgesehen.
Den Namen Franz Mehrings missbraucht
Franz Mehring wurde 1846 in Schlawe (Pommern) geboren, wuchs in einem preußentreuen und protestantischen Elternhaus auf. Neben seinem Studium der Klassischen Philologie in Leipzig knüpfte er Kontakte zu August Bebel und Wilhelm Liebknecht. Wie sie glaubte er an die Selbstemanzipation des Menschen im Rahmen von Sozialreformen. Nach einem Intermezzo als Parlamentsreporter trat er als Journalist ab 1875 für die Arbeiterbewegung ein. Aus persönlichen Differenzen zur SPD wechselte er 1879/80 auf politisch die reaktionär konservative antisemitisch Seite. Anfang der 1880er Jahre las Mehring die Schriften von Karl Marx zu lesen und wurde 1884 Leitartikler der linksliberalen „Volkszeitung“. 1891 trat er der SPD bei, wurde deren wichtigster Publizist und Anhänger des linken Flügels. 1916 gründete er neben Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht den Spartakusbund, 1919 die KPD. Mehring starb am 28. Januar 1919. Als kritischer Geist gegen Freund und Feind vertrat er das Gegenteil von dem, was die SED von ihren Mitgliedern erwartete und ihr Propagandablatt „Neues Deutschland“ propagierte.