Optiken im Kampf der Systeme.
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Es war einfach und nicht verboten. Hier ein Objektiv, dort ein Verschluß, dazu das Kameragehäuse. Alles Ersatzteile. Zusammengebaut ergaben sie eine 6×6 „Beirax“. Nur, dieser Beirax-Fotoapparat wurde in keiner Fabrik, sondern von einem Optikermeister in Friedrichshain vervollständigt. Er wurde nicht verkauft, sondern am Ostbahnhof, im Umkreis der Oberbaumbrücke oder am Potsdamer Platz gegen Zigaretten getauscht, der gängigen Währung dieser Zeit. Drei Stangen „Amis“ gegen eine „Beirax“. Die Ersatzteile galten als nicht „bewirtschaftet“ und durften frei ohne Beschränkungen gekauft werden. Offiziell war die komplette „Beirax“ nur unter strengen Auflagen und in geringer Zahl zu kaufen. Darunter litt die 100köpfige Belegschaft der Beiraxwerkstätten, die von den Erlösen der Kameras leben musste. Doch ließen sich die bitter notwendigen Erlöse nur erzielen, wenn wichtige Einzelteile unmittelbar vom Kamerahersteller bestellt wurden, um das eigene Kameragehäuse ergänzt und per Post an zuverlässige Optiker gingen. Die bauten aus allem eine komplette Kamera für den Schwarzmarkt zusammen. Soldaten der westlichen Alliierten waren gute Kunden, die mitunter mit Dollars, meistens mit Zigaretten bezahlten. Die Optiker schickten den Gewinn an die Leute von Beirax. Die Beirax war im Frühjahr 1949 ein wertvolles Exportprodukt der Ostzone. Noch wertvoller war die Kontax der Zeisswerke Jena. „Die neue Kontax sei das beste, was bisher auf diesem Gebiet hergestellt wird“, sagte Rudolf Appelt, stellvertretender Leiter für den Interzonen- und Außenhandel. Am 4. September 1949 handelte er mit Amerikanern einen Exportauftrag in Höhe von 580.000 Dollar aus, denn, so sagte Appelt weiter: „Die Amerikaner erklärten, die neue Kontax überträfe amerikanische Fabrikate an Qualität bei weitem.“ Was Appelt verschwieg: 275 Kontax gingen an die Russische Kommandantur und von dort direkt auf den Schwarzmarkt.