Spielplatz ist ein Platz
Wie ein Relikt aus vergangenen Tagen wirkt der Spielplatz an der Grenze zu Mitte, am Mehlbeerenweg hinter der Schwimmhalle an der Holzmarktstraße. Er ist nur sehr schlicht ausgestattet mit einem Sandkasten und einem Klettergerüst aus Stahl, das gefühlt seit 40 Jahren dort steht. Dieser kleine Spielplatz ist umringt von Hochhäusern. Hier können die Eltern noch ihre Kinder zum Essen rufen oder gucken, was sie dort unten zwischen den Häuser so spielen.
Einem ganz anderen Konzept folgt einer der wohl berühmtesten Spielplätze des Bezirkes: der Drachenspielplatz im Nordkiez. Dessen Entwicklung steht ganz eng in Verbindung mit einer Koryphäe für die Kinder- und Jugendarbeit: Volker Hedemann, der mit seinem Verein Spielwagen e.V. auch für die Bespielung der Plätze im Bezirk mit dem ebenso legendären Spielmobil zuständig ist. In einem langen Prozess voller Entwurfszeichnungen einigte man sich gemeinsam mit Kindern auf den Drachen. Die wilden Zeiten der 90er Jahre standen mit ihrer Idee von Freiheit und Freiraum Pate – eine fast schon sentimental erscheinende Renitenz des Nordkiezes in heutiger Zeit. Wie wichtig so ein Symbol ist, hat 2014 die Nachbarschaftsaktion „Drachenretter“ gezeigt, die dafür gesorgt hat, dass der riesige Spieldrachen erhalten blieb, nachdem bekannt wurde, dass die Füße verfault waren. Im Gegensatz dazu wirkt der neu entstandene S-Bahn-Spielplatz im Südkiez ein bisschen wie Anpassung. Inmitten des Neubauviertels an der Revaler Spitze ist er der Kleinkinderabschnitt eines ganzen Spielplatzkonglomerats am Ostkreuz. Hier werden ganz konkrete Bezüge zum Stadtraum aufgenommen – Zentrum des Spielplatzes ist ein hölzerner S-Bahn-Zug. Die Kinder lernen den Umgang mit Stadt: S-Bahn fahren für die Kleinsten.
Eine andere Art, städtische Bezüge aufzunehmen, zeigt der Spanische Spielplatz in der Simon-Dach-Straße an der Ecke Wühlischstraße. Seit 1995 war hier ein neuer Spielplatz geplant. Allerdings gehörte das Grundstück mittlerweile Spaniern, die auf der Fläche lieber Wohnungen bauen wollten. Dies wurde verhindert, indem das Grundstück 2008 vom Bezirk erworben wurde, unter der Auflage, dass hier ein Spielplatz mit spanischen Bezügen entsteht. So erzählt der Spielplatz, wenn auch nicht direkt, dass der vom Ausverkauf von günstigem Wohnen und Privatisierung öffentlichen Lands hier einmal nicht stattfand.
Passend zum für viele sehr schmerzhaften Phänomen der Gentrifizierung ist, dass die Nutzung des Platzes wegen Planungsfehlern höchst gefährlich war. Das zentrale Element – eine überdimensionale Schlange – wurde aus so rutschigem Material hergestellt, dass sich Kinder und Eltern (der Autor eingeschlossen) bei diversen Stürzen böse blaue Flecken holten. Inzwischen steht ein Stier-Klettergerüst an diesem Ort.