Das Haus an der Warschauer Brücke, Foto: Hajo Toppius

Das Haus an der Warschauer Brücke – symptomatisch für Friedrichshain

Morphium und Dichtkunst

Johannes R. Becher, der spätere DDR-Kulturminister, lebte hier als „Junger Wilder“, als jugendlicher Dichter und Morphinist. Allerdings wohnte er nicht genau hier, sondern im Nachbarhaus. Doch spannenderweise wurde immer wieder behauptet, er hätte hier gelebt – auch von ihm selbst! Becher war in seinen jungen Jahren ein Friedrichshain-Bewohner, wie man ihn auch heute noch antreffen könnte. Ein Suchender, der sein Glück in unterschiedlichen künstlerischen Projekten zu finden hoffte. 1911 war er nach einem gescheiterten Selbstmordversuch in die Hauptstadt geflüchtet. Hier schrieb er Gedichte, gründete einen Verlag und lebte zwischen Morphium und Kreativität vor allem eben auch im Nachbarhaus in der Marchlewskistraße 111, im Café „Komet“. Nachdem sein Berlinprojekt 1914 gescheitert war, ging Becher zurück nach München zu seinen Eltern – und wurde Kommunist.

Plötzlich Stadtrand

In einem Schreiben der Bauaufsicht von 1953 heißt es: „Das Haus wurde durch Kriegseinwirkung nach Schätzung zu 65% stark beschädigt. Brand- und Bombenschäden vernichteten das Dach vollkommen, die Schornsteine wurden bis unter das Dach zerstört.“ Nach dem 2. Weltkrieg folgten ruhigere Zeiten für das Mitte der 1950er Jahre wieder renovierte Haus. Von hier aus hatte man seinerzeit einen noch unverstellten Panoramablick auf die noch offene Grenze an der Oberbaumbrücke. Vorbei mit dem pulsierenden Leben war es, als ab 1961 die Grenze geschlossen war und das Ende der Welt in Sichtweite lag. Am Ort des ehemaligen Café „Komet“ hatte sich das Hotel „Komet“ etabliert. Im Erdgeschoss waren unterschiedliche Nutzer untergekommen: ein Schneider und ein Fotolabor.
Passenderweise ist in einem Gutachten von 1990 über die Zustande einer Wohnung des Hauses folgende Beschreibung zu finden: „Das Objekt befindet sich … in einer nur wenig bewohnten Gegend“.
In den 1990ern blieb es zunächst noch relativ beschaulich, denn richtig wild wurde es erst um 2005.

Ein Gedanke zu „Das Haus an der Warschauer Brücke – symptomatisch für Friedrichshain“

  1. Geschichtlich kann ich zu dem Haus wenig sagen. Zur heutigen Zeit allerdings einiges. Das Haus ist vermietet, keine einzige Eigentumswohnung ist vorhanden. Die Büros des Veganz befinden sich in einem umliegendem Haus, nicht in diesem. Die leuchtenden „Werbung“ war ein Kunstprojektes des oberen Mieters und hatte keinen kommerziellen Hintergrund. Schlecht recherchiert. Das subjektive Wunschdenken auch ideologisch komplett deplaziert. Ich wohne in dem Haus.

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