40 Jahre Malaktion im Storkower Tunnel

Vorverurteilt

Das Vorhaben sprach sich herum, weshalb es auch kein Wunder war, da es am 17. November 1983 bei einem Treffen in der Evangelischen Studentengemeinde angekündigt wurde. Das MfS erfuhr durch Inoffizielle Mitarbeiter davon und sprach sofort von feindliche Personen, die mit der mit der Absicht agierten, Sicherheitskräfte zu provozieren. Bestätigt sah man sich, als man erfuhr, dass am 24. November auch im Friedenskreis der Samaritergemeinde darüber gesprochen wurde. Angeblich sollten „Losungen und Karikaturen politischen Inhalts“ angebracht werden.
Die Tunnelmalerinnen und -maler selbst berichteten, dass sich Passanten positiv über die Aktion äußerten.

Entsprechend muss die Stimmung vor Ort von der Volkspolizei wahrgenommen worden sein, denn sie rechtfertigte fehlende Sicherungsmaßnahmen damit, dass man die Pinsel entfernt habe, um „eine weitere Ausführung der Handlung durch andere zu vereiteln.“ Dennoch unterstellten die Sicherheitskräfte von Anfang an einen feindlichen und zerstörerischen Charakter. Die Ermittlungen übernahm das MfS.
Dementsprechend wurde den Malerinnen und Malern vorgeworfen, sich „organisierend und gemeinsam handelnd“ an einer „Zusammenrottung zur Missachtung der Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens“ beteiligt zu haben, indem sie mit weiteren DDR-Bürgern „an der Fußgängerüberführung in Berlin Friedrichshain „Beschädigungen an Glasscheiben und Metallteilen durch Beschmieren mit verschiedenen Farbsubstanzen vornahmen.“ Eine sofort eingeleitete Renovierung, die 7927,07 Mark kostete, wurde als Schadenssumme reklamiert.

Von den Wandbildern fertigte das Ministerium für Staatssicherheit eine 62seitige beinahekatalogartig anmutende Dokumentation an. Bundesarchiv MfS AU 4414-85 Bd. 4.
Von den Wandbildern fertigte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) eine 62seitige beinahe
katalogartig anmutende Dokumentation an.

Sechs Personen wurden sofort inhaftiert und im Frühjahr 1984 in einem inszenierten Prozess vor geladenem Publikum zu sieben Monaten Haft und Geldstrafen verurteilt. Fünfzehn Personen wurden zu hohen Geldstrafen verurteilt. Einer der zunächst Freigelassenen und mit einer Geldstrafe Verurteilten wandte sich an die Botschaft der USA und wurde dafür zu einer Haftstrafe verurteilt. Im Nachhinein konstatiert die Staatssicherheit „eine von feindlich-negativen Kräfte initiierte Aktion, die sich gegen die Raketenstationierung der UdSSR in der DDR und gegen die Umweltpolitik der DDR richtete.“

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