Der Fotograf Jochen Haupt, Foto (Detail): Giovanni Lo Curto

Ein Dokumentarist seiner Zeit

Jochen Haupt mit einem seiner Fotobände. Foto: Giovanni Lo Curto
Fast 90 Jahre alt und sprudelt vor Energie: Jochen Haupt mit einem seiner Fotobände. / Foto: Giovanni Lo Curto /

Brennholz für Kartoffel­schalen: Eine Kindheit im Friedrichshain

Aufgewachsen ist der gebürtige Friedrichshainer in einem zweiten Hinterhof in der Sonntagstraße in der Nähe des Bahnhofs Ostkreuz. „In der Neuen Bahnhofstraße gab es einen Kuhstall auf dem Hof. Die Leute von dort kamen immer mit einem Fuhrwerk vorbei und riefen: ‚Brennholz für Kartoffelschalen!‘ Für einen Korb Küchenabfälle, die sie an die Tiere verfütterten, erhielt man Anmachholz in den Korb.“
Amüsiert erinnert sich Jochen Haupt auch an einen Bananenverkäufer, der freitags, wenn die Arbeiter mit ihrem Wochenlohn in der Tasche vom Bahnhof kamen, mit einem Pferdefuhrwerk vorfuhr. Der Verkäufer nahm ein Bündel in die Hand, rief laut den Preis, löste eine Banane ab, und tat großspurig die gerade abgerissene Banane dazu: „Und diese gibt’s kostenlos!“
Kinderspielplätze gab es damals nicht in Friedrichshain, zumindest nicht dort, wo Jochen Haupt aufwuchs. Stattdessen erinnert er sich an Spiele wie Murmeln, Autorennen auf dem Rinnstein oder an Treibeball, ein Fangespiel, bei dem es gilt, die gegnerische Mannschaft über die nächste Kreuzung zu treiben. „Eine ganz schön sportliche Ertüchtigung“, meint Jochen Haupt, der übrigens bis auf ein kurzes Intermezzo in Prenzlauer Berg immer seinem Bezirk treu geblieben ist.
Sein Vater war Kommunist und wurde 1933 einmal abgeholt, doch konnte ihm nichts nachgewiesen werden. Als Heizungsmonteur war er zur Tarnung oft auf Montage, so auch einmal in Carinhall, einer mondänen Villa in der Schorfheide, wo sich Luftwaffenchef Hermann Göring sein Domizil eingerichtet hatte. „Mein Vater erzählte einmal, dass er beim Schweißen mit der Schutzbrille den Göring hinter sich wahrnahm. Er bemerkte ihn am Geruch, so hatte der sich parfümiert.“

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