Schräge Bühnen
Die Grenzkinos waren für den Groß-Berliner Magistrat das Beispiel für den „geistigen Verfall und die moralische Verkommenheit des Westens”, schließlich wurden im „Stella-Palast“ an der Köpenicker Straße oft Filme gezeigt, die für Jugendliche unter 16 Jährige nicht zugelassen waren. Und obwohl geschäftlich wie politisch im Sinne ihrer Gründung erfolgreich, sah der Westberliner Senat die Kreuzberger Grenzkinos als „Bruchbuden“ an. In einer Aktennotiz vom 12. Oktober 1954, „lebten“ sie wegen ihrer Tagesvorstellungen von „herumlungernden Jugendlichen und der Halbwelt des Ostsektors“, und darüber hinaus „zu 80 % von Leuten, auf die Westberlin weder aus politischen noch moralischen Gründen Wert legen sollte”. In den Kinos um das Schlesische Tor wurde der Friedrichshainer Besucheranteil auf 90 bis 95 % geschätzt. In der Hauptsache waren das Schüler der Berufsschulen oder der Grund- und Oberschulen. Manchmal kam der Eindruck auf: die Lehrlinge eines Betriebes machen einen Gemeinschaftsbesuch. Und es trafen sich am Schlesischen Tor „Halbstarke“, die durch flegelhaftes Benehmen auffielen. Sie erwarben Kartenkontingente, die sie mit erheblichen Aufschlag weiter verkauften, wenn die oft ausverkauften „Sondervorstellungen“, bevorstanden. Die Gegend um das Schlesische Tor, damals das „Chicago des Südostens”, war sowieso verrufen. In der letzten Phase des II. Weltkrieges lebte hier wegen der Verkehrslage und der Nähe zum Osthafen ein reger Schwarzhandel auf. In der Schwarzmarktzeit lagerte in den Hinterzimmern der Bars und Kneipen Schmuggelware aus Ost und West und ein Walter Schmidt aus der Görlitzer Straße 68, stieg zum Kreuzberger „Al Capone” auf. Hier verkehrten die Mitglieder des „Sparvereins Südost”. Gründer war der ehemalige „Ring-Bruder“, des (Gangster-) Vereins „Immertreu“, Gerhard Hirschfeld, der einst am Ostbahnhof sein Unwesen trieb.