Intime Dialoge übers Telefon gehörten zum Konzept des Resi, Quelle: Privatarchiv

Licht im Dunkel

Bordellzimmer in der Lange Straße, Berlin, Quelle: Privatarchiv
Kriegsversehrte vermieteten die Zimmer ihrer Wohnungen für den Bordellbetrieb
/ Quelle: Privatarchiv /

Dein Tänzer ist der Tod

Der Erste Weltkrieg traf die Bewohner des Kiezes am Schlesischen Bahnhof hart. Am 15. Februar 1915 stieg der Kartoffelpreis auf 1,75 Mark pro Zentner, 1914 lag der Preis bei 75 Pfennig. Einen Tag später stürmten verzweifelte Frauen und Kinder die Markthalle in der Andreasstraße. Ab dem 22. Februar 1915 war Brot nur auf Karte zu haben. Am 18. März 1915 riefen tausende Menschen vor dem Reichstag „Brot und Frieden“.
Die Armut der einen mehrte den Reichtum der anderen. 62 Banden organisierter Kriminalität, viele davon um den Schlesischen Bahnhof herum, hielten Berlin im Griff. Schieber mixten Asche zu Pfeffer oder Leim zu Puddingpulver. Wegen Personalmangels gelangten tausende junger Frauen in niedrige Positionen von Ministerien und Ämtern.
Diese Frauen, die täglich den Zusammenbruch moralischer Werte erlebten, waren keine naiven Fräulein mehr. Sie suchten Anschluss: Tango, Foxtrott, Cakewalk wurde zum Sound der Revolution. Die „Eldorado-Diele“ war nur eine von 31 anderen Kneipen in der Fruchtstraße, eine Sorge des Magistrats, denn Syphilis und Tripper breiteten sich epidemisch aus. An einem Tag im Januar 1919 wurden fünf Lokale wegen wilden Tanzens geschlossen.
Wer zur Inflationszeit zum Schlesischen Bahnhof kam, konnte für fünf Dollar eine Geliebte finden oder für 65 Millionen Mark (was heute 30 Cent sind) ein williges 15-jähriges Mädchen. In den Stundenhotels am Bahnhof kostete das Zimmer für 10 Minuten einen Dollar. Nie wurde hier die Bettwäsche gewechselt. War sie kräuselig, kam sie angefeuchtet durch die Mangel und war wieder „frisch“.

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