Gemüse auf dem Wochenmarkt | Foto: privat

Bunte Angebote

Pause auf dem Wochenmarkt | Quelle: Bundesarchiv B 145 Bild-F010469-0002 Foto: Ludwig
Erschöpfung nach einem Markttag / Quelle: Bundesarchiv B 145 Bild-F010469-0002 Foto: Ludwig /

Wochenmärkte in Friedrichshain.

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Wo heute Mittelklassewagen dahin donnern, dehnte sich im 18. Jahrhundert der königliche Holzmarkt aus. Daneben blieb Raum für die „Stralauer Vorstadt“. 1842, mit dem Bau des Frankfurter Bahnhofs, war es hier mit der beschaulichen Ruhe vorbei. Die neue Vorstadt sah immer mehr Einwohner und die große Fläche zwischen Bahnhof und Spreeufer hieß jetzt „Stralauer Platz“. Am 29. Mai 1856 fällte der Magistrat die Entscheidung, hier einen Wochenmarkt zu eröffnen. Ein wichtiges Argument hatten die Gärtner von der Blumen- und Fruchtstraße: Sie wollten mit ihren Angeboten am Marktplatz nahe dem Bahnhof die auswärtige Kundschaft erreichen. Am 17. Juli 1856 verkündete das Berliner Intelligenz Blatt: „Um den Einwohnern der Stralauer Vorstadt den Einkauf der ersten Lebensbedürfnisse zu erleichtern, ist auf dem Stralauer Platz ein Wochenmarkt eingerichtet worden, welcher am 1. August eröffnet und von da ab jeden Dienstag und Freitag abgehalten wird.“ Bald mussten diese Markttage auf Mittwoch und Sonnabend verlegt werden. Am Frankfurter Tor war ein Wochenmarkt zur gleichen Zeit geöffnet, Markthändler in der Großen Frankfurter Straße meldeten ebenfalls Ansprüche an. Als der Bahnhof in den frühen 1870er Jahren regen Zulauf bekam, war der Markt auf dem Stralauer Platz ein Verkehrshindernis und nach den Markttagen gab es ständig Ärger wegen der ungenügenden Reinigung des Platzes. Eine harte Konkurrenz war der vom Magistrat unterstützte Wochenmarkt auf dem nahen Andreasplatz. 20 Jahre nach Eröffnung schloss der Markt auf dem Stralauer Platz.

Gemüse auf dem Wochenmarkt | Foto: privat
Frisches Gemüse war zu allen Zeiten ein Kundenmagnet. / Foto: privat /

Heu und Stroh

Ursprünglich auf dem Oranienplatz in Kreuzberg zuhause, zog der für kleine Brandenburger Heuhändler bedeutende „Heu- und Strohmarkt“ zur Wiener Straße nahe dem Görlitzer Bahnhof weiter. Aber 1895 war hier alles zu eng. Laut Magistratsbeschluss zog der Markt im April 1896 zu den „nördlich und südlich des Ostbahnhofes gelegenen Vorplätzen“ um. Für 55 Mark installierte die Firma A.C. Herz aus der Elisabethstraße die „städtische Rathswaage“. In der Rüdersdorfer Straße ging sie am 17. April 1896 für den Heumarkt in Betrieb. Der Mittwochs- und Samstagsmarkt löste nicht nur Begeisterung aus. Ein Herr Glädicke beschwerte sich am 27. Mai darüber, dass „der Heumarkt alles geschäftliche Leben und Treiben ersterben lasse und wegen dem großen Platzbedarf alle anderen Kunden vertreibe“. Der Magistrat ließ das nicht gelten. Für die kleinen Milchwirtschaften und Fuhrgeschäfte, die hier schnell und zentral ihren Bedarf deckten, war der Heumarkt wichtig. Ein Ärgernis für die großen Fourage (Raufutter-) Händler, die mit Beschwerden gegen das „hohe Verkehrsaufkommen an den Markttagen“, ihre Konkurrenz loswerden wollten. Am 24. Februar 1920 antwortete der Magistrat auf eine Beschwerde: „Nach den diesseitigen Feststellungen sind die hiesigen Großhändler nicht im entferntesten im Stande, den Bedarf an Heu und Stroh für die Groß Berliner Viehhaltungen aufzubringen und haben wiederholt selbst größere Posten Heu (teilweise 13–17 Fuhren an einem Tage) für ihren Bedarf auf dem Markte einkaufen müssen. Ebenso ist auch der städtische Zentralviehhof, zu dessen Belieferung die Großhändler verpflichtet sind, wiederholt gezwungen gewesen, seinen Bedarf an Heu und Stroh auf dem Markte einzudecken“. Ähnliches war am 8. Mai 1920 von der „Personen-Lohnfuhrwerks-Innung“ zu hören. „Durch die Aufhebung der Heumärkte würden die Fouragehändler eine Monopolstellung erhalten, dem die Fuhrwerke und Molkereibesitzer unterworfen wären und müssten dann die Wucherpreise für Heu zahlen“. Wegen der vielen „Viehhaltungen“ und Pferde in der Stadt war der Heumarkt am Ostbahnhof bis in den zweiten Weltkrieg aktiv.

Hühner neben dem Heu

Zweimal wöchentlich trafen 1896 am Schlesischen Bahnhof Extrazüge ein. Die Passagiere waren Hühner, Gänse, Enten, Tauben, alle in luftige Kisten untergebracht. Jede dieser Kisten barg bis zu 100 Tiere, jeder Eisenbahnwagen fasste bis zu 100 Kisten. Wenn am Güterbahnhof auf einen Schlag bis zu 200.000 Tiere ankamen, entwickelte sich ein reger Markt. Hier polnisch-ukrainische Verkäufer, dort Berliner Groß-und Kleinhändler. Innerhalb einer Stunde waren alle Geschäftsaktionen abgeschlossen.

Saubermachen für den nächsten Wochenmarkt | Quelle: Bundesarchiv B 102-14062, Foto: o.Ang.
Immer wieder wurde die Reinigung der Wochenmarktplätze ein Thema.
/ Quelle: Bundesarchiv B 102-14062, Foto: o.Ang. /

Verschiedenes an verschiedenen Plätzen

Der Verein der „Textildetaillisten Groß-Berlins“, mokierte 1913: „auf den Wochenmärkten unter dem Vorwande der Billigkeit werden Ladenhüter und minderwertiges Zeug verkauft“. Dennoch, preisgünstige Mädchen- und Knabenkonfektion, Krawatten, Putz- und Weißwaren waren an den Friedrichshainer Ständen zu haben. 10 Pfennige pro m² zahlten Kleinhändler 1936 je Markttag, die Großhändler pro Fuhrwerk und Markttag 2,50 Mark. Ab 1937/38 wurden jüdische Markthändler ausgeschlossen. 1949 teilten sich die Wochenmärkte an der Ringbahn Frankfurter Allee, am Boxhagener Platz, der „Volkswochenmarkt“ auf dem Petersburger Platz und in der Bersarinstraße ihre Kundschaft. Im Mai 1950 und noch lange danach waren auf allen Märkten, ähnlich wie auf dem „Boxi“, mehr Alltagsgegenstände als Lebensmittel zu kaufen. Am 29. März 1989 beschloss die SED-Bezirksleitung Maßnahmen gegen den „spekulativen Straßenhandel“. „An Stellen wie dem S-Bahnhof Frankfurter Allee“, machten „Teile der Bevölkerung regen Gebrauch“ vom Angebot an „Tonträgern und -geräten“ und vielem was sonst nicht zu haben war. Die Händler kamen aus Polen, Vietnam, Bulgarien oder Rumänien. Für über 350.000,- MDN wurde 1988 Ware bei Razzien beschlagnahmt.
Das es „nicht mehr doll läuft“, war im Mai 1990 ein Westberliner enttäuscht, der beim Markt an der Ringbahn in schicke Metallicfarben umgespritzte zehn Jahre alte „Japaner“ verkaufte. Seine Philosophie war: „Die Leute haben Trabis und Wartburgs satt, und ich verdiene Geld“. Nach der Währungsunion verging ihm das Lachen, denn: „jetzt kaufen die ihre Autos beim richtigen Händler, wo alles seine Ordnung hat”. Fern dieser Zeiten bieten die Märkte von heute wie z.B. der „Boxi“ jedem was, ob nun Biotofu, Gemüsepuffer oder Arztromane.

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