Die Osthafenmühle | Quelle: Bundearchiv Bild 183-49068-0005

Getreide und Politik

Der Osthafen | Quelle: Bundesarchiv Bild 183-F0722-0035-01
Der Osthafen war der größte Binnenhafen der DDR und zugleich einer der größten Getreideumschlagplätze in der DDR. / Quelle: Bundesarchiv Bild 183-F0722-0035-01 /

Die Osthafenmühle.

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Für Beatfans war die Musiksendung „Treffpunkt“ vom RIAS ein Teil vom Lebensstil, allein, weil sich Sterni den Titel „Love is all around“ wünschen konnte, um den „Fänger im Roggen“ zu grüßen. Einmal mehr rätselten die Genossen vom MFS, wer oder was damit gemeint war. Wie auch immer: Der Roggen verfügt über ein stark ausgebildetes Wurzelwerk. Dieses schützt ihn gegen Krankheiten und Trockenheit. Er wächst gut auf Brandenburgs sandigtrockenen Äckern. Roggen kommt gegenüber Weizen mit bis zu 25 Prozent weniger Wasser pro Kilogramm aus. In der DDR war der Roggen ein bedeutender Ernährungsgrundstoff , mehr als der teuer importierte Weizen. Die Agrarexperten Dr. Herbert Otto Braune und Dr. Max Exner erzielten aufgrund ihrer Forschungen Spitzenerträge mit bis zu sieben Tonnen Roggen pro Hektar.

Mühle am großen Strom

Bereits 1684 wurde am hiesigen Spreeufer Roggen zu Mehl vermahlen. Die kurfürstliche Windschneidemühle stand unter der Regie des Müllers Peter Zeemann, der zwei Mühlen auf dem Grundstück Nr. 59 der Wind-Mühlen-Straße aufbauen ließ. Die unbefestigte Mühlenstraße reichte 1870 vom Neubauviertel Neu Stralau bis zur Alt-Stralauer Halbinsel. Mit dem Bau einer hochmodernen Roggenmühle auf dem Gelände der ehemaligen Nr. 59 endete 1886 die Zeit der Neu-Stralauer Windmühlen. 1889 verkauften die Unternehmer Blumberg & Schreiber diese Anlage an die Kommanditgesellschaft Karl Salomon & Co. Diese investierte ein Vermögen für eine Dampfturbine zum Antrieb weiterer Mühlen plus einem Weizenmahlwerk der Maschinenfabrik Gebrüder Seck. Mitte der 1890er-Jahre erfuhren diese Industrieanlagen ihre Ergänzung um ein Wohnhaus mit Seitenflügeln und Quergebäuden. Vor dem Ersten Weltkrieg wurden die Maschinenanlagen modernisiert und 1936 durch neue ersetzt. Das Gelände firmierte jetzt unter dem Namen Osthafenmühlen AG.

Roggen und Ideologie

Das feine weiße Weizenmehl erlebte vor dem Ersten Weltkrieg dank günstiger Importpreise einen immensen Aufschwung. Als proletarisch abgestempelt, sollte das graue Roggenmehl nur noch dem Tierfutter dienen. Daran änderte auch die Not der Kriegs- und Nachkriegsjahre wenig. Als Brotluxus verschrien, geriet in den 1920er-Jahren das Weizenbrot in den Fokus der Politik, da der Import des von Nahrungsmittelspekulationen betroff enen Weizens knapp vorhandene Devisen verschlang. Im Rahmen von Autarkiebestrebungen während der NS-Zeit lenkte ein Reichsvollkornbrotausschuss den Anbau von Roggenmehl für die Kriegswirtschaft.

2 Gedanken zu „Getreide und Politik“

  1. Der jeder Vernunft hohnsprechende Umgang mit der Osthafenmühle als einer der großen Getreidemühlen Europas reiht sich ein in den Abriss der lästigen Ostkonkurrenz durch die beispiellose westdeutsche Wirtschafts- und Sozialinvasion nach 1989.

  2. Schade um diesen Betrieb, habe in der Osthafenmühle gelernt und einige Jahre gearbeitet,
    habe im Grenzgebiet gegenüber vom Hauptbetrieb Lastkähne mit Getreide enladen, habe im Silobetrieb gearbeitet sowie Getreidewaggons und LKWs endladen und das Getreide vorgereinigt und eingelagert bis es dann zur Mühle zur weiter Verarbeitung ging,

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