Quelle: Karl Ammon (1932) Philipp Reis und die Vollender des Fernsprechers

Fernhören in Friedrichshain

Tischtelefone waren Anfang der 1890er Jahre Kult; Quelle: aus Werbeanzeige Mix und Genest 1891
Tischtelefone waren Anfang der 1890er Jahre Kult in den feinen Kreisen der Stadt
/ Quelle: aus Werbeanzeige Mix und Genest 1891 /

Expansion

Wer im Business mitspielen will, braucht ein Telefon. Ende März 1885 lag die Teilnehmerzahl bei 2715. Noch erfolgte die Vermittlung der Teilnehmer von Hand. „Hier Amt, was beliebt?“ war zu hören. Da es auf die Leitungsnummer ankam, sagte man: „Wünsche mit Nummer 63 zu sprechen!“. War die Leitung frei, hörte man: „Bitte rufen!“, falls nicht: „Schon besetzt, warten Sie gefälligst, werde melden, wann frei!“. 1890 ersetzten Frauen die Männer in den Vermittlungsstellen. Die höheren Frequenzen der Frauen­stimmen waren wegen der schlechten Leitungsqualitäten besser zu verstehen. Man attestierte zudem den Frauen mehr Geschicklichkeit am Draht im Umgang mit nervösen Kunden. Die frühen Geräte waren Wandapparate. 1887 stellte Mix & Genest das Tischgerät „Doppeltelefon“ vor. Ein Messingbügel verband bei diesem Hörer und Mikrofon. Davon bestellte die Firma Kärger in der Blumenstraße 67a sechs „Stationen“ im Wert vom Jahresverdienst eines Handwerksmeisters.
Gleich ums Eck eröffneten 1902 die Mechaniker Paul Borck und Adolar Goldschmidt ihre „Mechanischen Werkstätten für Telegraphie und Telephonie“. Unter Richard Gondolatsch, der die Firma 1912 übernahm, war sie ein wichtiger Zulieferer für die Post mit hunderten Arbeitsplätzen in der Fruchtstraße 2. Produktprobleme gab es laut Bezirksamt Tiergarten vom 28. Januar 1931: „Seit Auswechselung der Fernsprechapparate haben sich vielfach Induktionsstörungen in der Art gezeigt, daß bereits beim Abheben des Hörers andere Gespräche zu hören sind und daß dadurch die Verständigung zum Teil stark beeinträchtigt wird.“ Nebenher produziert man in beiden Weltkriegen Patronen und ab 1945 nur noch Zahnarztstühle.

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