Geheimes Friedrichshain.
Von Erhard Weinholz.
Ein stürmischer April hatte den bunten, billigen Regenschirmen aus den Drogeriemärkten heftig zugesetzt, doch nun ist der Mai gekommen, der Himmel hat sich beruhigt, und als ich am Arnswalder Platz in die M10 Richtung Warschauer Straße steige, zeigt sich zwischen tiefgrauen Wolken endlich die Sonne. Gut so, denn es gilt heute Vormittag ein Geheimnis zu lüften. Die Metropolen sind, wie man weiß, der rechte Ort für solche Dinge; es gibt die Geheimnisse von London, die man aus Edgar-Wallace-Filmen kennt, wo sie uns das Gruseln lehren. Es gibt aber auch die Geheimnisse von Paris, und die sind eher vergnüglicher Art. Berlin kann da sicherlich nicht mithalten, doch Geheimes bietet der „nüchterne Alltag der nüchternsten Stadt“, um einmal aus Victor Klemperers „LTI“ zu zitieren, auf alle Fälle.
Ziel meiner Tour ist ein kleines Grundstück an der Virchowstraße, am Südrand vom Friedrichshain gelegen, nicht weit entfernt vom Duftgarten. Was es mit diesem Grundstück auf sich hat, ob es bewohnt ist, was es für Bauten sind, die man dort sieht, all das ist mir bislang verborgen geblieben. Ich habe es aber auch noch nie gründlich inspiziert, immer fehlte die Zeit. Die Fahrt mit der M10 ist kurz, Ecke Landsberger Allee, am SEZ also, steige ich aus. Das ganze Jahr über, so hieß es im März 1981 in der Berliner Zeitung zur Eröffnung, herrscht hier der Frohsinn: Man konnte im SEZ nicht nur schwimmen, Gymnastik treiben oder Volleyball spielen, man konnte auch im Malatelier aktiv werden, im Ton- und Fotostudio oder im Theatersaal. Jetzt scheint niemand den großen, einst viel besuchten Bau mehr zu nutzen, Gerümpel türmt sich an der Treppe, wo es hinunterging zu Bowlingbahn und -restaurant, den größten Teil der Front verdeckt ein Zaun. Wie es dahinter aussieht, ist geheim und soll es auch bleiben. Aber weshalb diese Menschenansammlung auf dem Treppenpodest zur Landsberger hin? Ein Transparent verrät es: Corona-Testzentrum. Wenn heutzutage irgendwo Menschen anstehen, dann kann man sicher sein, dass es Testwillige sind.
Vor ein paar Jahren kam ich mal zufällig vorbei, als die Bunkertüre geöffnet war und habe mich reingeschlichen und umgeschaut.
Drin haben Künstler:innen gerade eine Ausstellung aufgebaut. Leider komme ich nicht mehr auf die Namen zur weiteren Recherche